Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten
Mehr zum Thema

Bildjournalisten

Corona-Krise

Sportfotografie ohne Geschäftsgrundlage?

20.05.2020

Kann die Sportfotografie noch funktionieren, wenn Bilder aus Spielen in Pools gespielt werden müssen, aus denen sich jeder Interessierte bedienen kann, ohne weitere Kriterien? Und verstößt der Ausschluss von Bilddatenbanken, die solche allgemein und an jeden denkbaren Kunden liefern, gegen ökonomische oder juristische Kriterien, oder ist er in einem Pool-Modell geradezu zwingend? Darüber laufen derzeit unter Fotografinnen und Fotografen im Sport heiße Diskussionen.

Etwas Theorie:
Ein Geschäft braucht eine Grundlage, sagen die Ökonomen und verweisen schon in der Grundvorlesung in der Universität darauf, dass die Knappheit eines Gutes seine Wertgrundlage darstellt.

Wenn ein Foto also in allen Bilddatenbanken der Welt zu bekommen ist, kann von einer Knappheit keine Rede sein, Folge: der Bildpreis verfällt, das Bild ist ökonomisch nichts mehr wert, oder etwas ausführlicher gesagt gesagt, der Preis, der dafür zu erzielen ist, fällt unter den normalerweise unter Marktbedingungen üblichen Verkaufspreis, ja sogar unter den Produktionspreis, die Herstellung des Fotos wird zum Minusgeschäft.

Denn es ist klar, dass Redaktionen, die sehen, dass das gleiche Bild für 10 oder 5 Euro, oder de facto kostenlos als Teil eines bereits gebuchten Datenbank-Abos zu bekommen ist, dieses Bild nicht direkt bei der Fotojournalistin oder dem Fotojournalisten für 50 Euro kaufen werden.

Etwas Praxis: für die Sportfotografie unter Corona-Bedingungen heißt das, die fotografisch im Fußballstadion tätige Person hat den ganzen Aufwand von Anreise und Investition von Arbeitskraft in Fotografie und digitale Fotobeschriftung, ohne aber selbst noch ausreichend Honorar für die Bilder erhalten zu können, die exakt mit dem gleichen Inhalt, also ohne jede Knappheit, von anderen verkauft werden können.

Hinzu kommt die unfaire Konkurrenz, die in einer solchen Situation nie lange auf sich warten lässt. Wo jeder die gleichen Bilder hat, kommen findige Personen auf die Idee, die Fotos so zu beschriften, dass sie bei einer Suche in einer Datenbank vor den anderen gleichen Fotos angezeigt werden. So wird das Bild mit irgendeiner Bezeichnung versehen, die mit "A" beginnt oder es wird das Datum der Aufnahme auf den nächsten Tag datiert, wodurch der Datenbank-Algorithmus in der Annahme, es handele sich um ein ganz neues Bild, der Redaktion das Foto im Zweifelsfall bei einer Recherche als erstes anzeigt.

Gegen solchen unfairen Wettbewerb mit dem eigenen Bild kann die Person, die das Foto selbst aufgenommen hat, aber wenig machen, denn sie musste die Bilder ja in den Pool abgeben, und nach den Poolbedingungen können die Poolnutzer die Bilder so vermarkten, wie es ihnen gefällt, solange sie die Fotos nur für die redaktionelle Berichterstattung anbieten. Die Redaktionen jedenfalls bemerken die erwähnten Manipulationen im Stress des Arbeitsalltags im Regelfalle nicht.

Was tun? Eine Möglichkeit lautet natürlich, die Knappheit wieder herzustellen. Indem die Zahl derjenigen, die auf den Pool zugreifen können, deutlich reduziert wird. Ein Weg, den einige Fußballvereine jetzt gewählt haben und Personen ausschließen, die allein in Bilddatenbanken ohne klare Abnehmer liefern wollen. Bei einer solchen Reduktion werden natürlich Juristinnen und Juristen wach und fragen danach, ob solche Eingriffe verboten sein könnten. Das wird allerdings im Privatrecht, das für Fußballvereine gilt, nur in Extremfällen zu verbieten sein, etwa wenn nur Fotografinnen und Fotografen mit deutscher Staatsangehörigkeit der Zugriff auf den Pool gestattet wäre.
Gibt es noch andere Wege?
Natürlich ist das bislang Gesagte eine sehr vereinfachte Darstellung der Wirtschaft, die natürlich auf Arbeit beruht und nicht allein auf Knappheit. Was heißen soll: wenn mehr Fotojournalistinnen und Fotojournalisten die Möglichkeit haben zu arbeiten, können sie auch wieder unterschiedliche Fotos anbieten, hinter denen eigenständige Arbeit steht, nicht in den Pool müssen und dadurch einen Wert erhalten. Das Ziel muss daher natürlich lauten, wieder mehr Leute in den Stadien fotografisch arbeiten zu lassen. Bis dahin dürfte allerdings der Grundsatz gelten, dass in Märkten eine gewisse Knappheit auch mit im Einzelfall unerfreulichen Mitteln hergestellt werden muss, damit die Arbeit nicht zum Verlustgeschäft wird.


Michael Hirschler, hir@djv.de

News-Übersicht für Bildjournalisten

Corona-Krise

In Bayern wurden die Kriterien für die Sofort-Hilfe vereinfacht

01.04.20

"Private liquide Mittel müssen nicht (mehr) zur Deckung des Liquiditätsengpasses eingesetzt werden", teilt die Bayerische Landesregierung jetzt auf ihrer Internetseite mit. Bislang hatte es geheißen, dass nur Mittel...

Corona-Krise

Update zu "Corona und die Freien" vom 31. März 2020

31.03.20

Welches sind die Ansprüche von Freien angesichts von Corona, auf Zuschüsse oder soziale Leistungen und anderes? Das Update zum "Tipps für Freie zu Corona" vom 31. März 2020 ist jetzt online.

Berufsinformationen

Corona und die Freien - "Tipps für Freie"

20.03.20

In einem aktuellen "Tipps für Freie" hat der DJV einige Informationen über Ansprüche von Freien in der Corona-Krise zusammengefasst, es kann hier online als PDF heruntergeladen werden.

Journalismus und Corona

Was, wenn die Ausgangssperre kommt?

19.03.20

Was bedeutet eine mögliche Ausgangssperre für Journalisten? Gibt es dann keine Medien mehr?

Praktische Hilfe

Journalist*innen und Corona

12.03.20

Mit kaum einem anderen Thema haben Journalistinnen und Journalisten in diesen Tagen so viel zu tun wie mit dem Corona-Virus. Sie sammeln Informationen über die Ausbreitung der Infektionen, über die Empfehlungen von Behörden, über...

Freie

Netzkonferenz für Freie am 18./19. März

09.03.20

Aus Gründen des Gesundheitsschutzes für Teilnehmer/innen, Referent/inn/en und Dritte im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Corona-Virus wird die für den 18./19. März geplante Tagung "Freier Journalismus in Bewegung"...

Bildjournalismus

Können Frauen nicht fotografieren?

09.03.20

Der DJV Hamburg hat zusammen mit dem Datenteam des Spiegel ermittelt: Nur 14 Prozent der Cover von 30 deutschen Magazinen stammten im vergangenen Jahr von Fotografinnen.

Tagung

Auftakttagung "Jahr der Freien" in Berlin

07.02.20

Unter dem Motto "Freier Journalismus in Bewegung" lädt der DJV zu einer Fachtagung ein, die zugleich die Auftaktveranstaltung für das "Jahr der Freien" darstellt. Das Programm ist online abrufbar, die...

Umfrage

Entwicklung des Bildermarktes

30.01.20

Fachhochschule Hannover führt "erste übergreifende Erhebung" durch

News 109 bis 117 von 402
Newsletter

Cookie Einstellungen