Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Pressefreiheit

Ruft Harry Potter zum Umsturz der Regierung von Belarus auf? Bizarrer Prozess gegen das Portal tut.by

09.10.2020

Am 8. Oktober hielt das Wirtschaftsgericht in Minsk eine vorläufige Anhörung über die Klage des Informationsministeriums ab, dem Internetportal TUT.BY den Status als Medienfirma zu entziehen. Gegenwärtig ist dieser Status bereits für drei Monate ausgesetzt - vom 1. Oktober bis zum 30. Dezember 2020.

Richter Ivan Moiseichik hielt eine vorläufige Anhörung über die Klage des Informationsministeriums gegen TUT.BY ab. Der Vertreter des Klägers, das Informationsministerium von Belaus, war nicht bei der Verhandlung anwesend. Die Interessen von TUT.BY wurden von der Generaldirektorin von "TUT.BY MEDIA" Ludmila Chekina und dem Rechtsanwalt Sergei Zikratski vertreten.

Zu Beginn der Anhörung reichte Rechtsanwalt Siarhei Zikratski einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens im Falle der Einstellung der Online-Publikation TUT.BY ein.

Siarhei Zikratski erläuterte, dass der Beklagte - TUT BAI MEDIA LLC - bei der Justizbehörde für Wirtschaftssachen des Obersten Gerichtshofs einen Antrag auf Ungültigkeitserklärung von drei Verwarnungen des Informationsministeriums gestellt habe. Die Sitzung zu diesem Antrag ist für den 26. Oktober vorgesehen. Wenn der Oberste Gerichtshof diese Warnungen für ungültig erklärt, hat das Informationsministerium keinen Grund, eine Klage einzureichen, um TUT.BY den Medienstatus zu entziehen. Dementsprechend, so der Anwalt, sollte der Prozess ausgesetzt werden.

Zehn Minuten nach Prozessbeginn begab sich Richter Iwan Moiseichik in das Sprechzimmer, um über den Antrags zu entscheiden.

Später entschied Richter Ivan Moiseichyk, den Prozess bis zum 26. Oktober auszusetzen - bis der Oberste Gerichtshof die Berufung gegen die Warnungen des Informationsministeriums an TUT.BY geprüft hat.

Am 18. September hatte das Informationsministerium beim Gericht eine Klage eingereicht, um die Online-Ausgabe von TUT.BY zu stoppen. Danach, am 29. September, erhielt die Redaktion die Aordnung von Informationsminister Ihar Lutskiy: Ab dem 1. Oktober wird TUT.BY vorübergehend der Status als Massenmedium entzogen.

Wie das Informationsministerium in dem Dokument erinnerte, kann die Veröffentlichung von Massenmedien durch die Entscheidung eines Organs der Staatsverwaltung im Bereich der Massenmedien untersagt werden, wenn eine Klage vor Gericht eingereicht wird.

Gegenwärtig arbeitet TUT.BY nur noch als "Internet-Ressource". Gemäß dem Gesetz hat der Eigentümer einer "Internet-Ressource" das Recht, Informationen mit beliebigen Mitteln im Einklang mit der Gesetzgebung der Republik Belarus zu sammeln, zu erhalten, zu übertragen und zu verteilen, und persönliche Urteile und Beurteilungen auf der Internet-Ressource unter Angabe des eigenen Namens oder Pseudonyms darzustellen. Das heißt, dass TUT.BY weiterhin rechtlich abdeckt, was in Belarus und in der Welt geschieht.

Es sollte daran erinnert werden, dass die Registrierung von "Internet-Ressourcen" als Netzpublikationen in Belarus freiwillig ist. Der Status der Massenmedien bietet demgegenüber einige Vorteile, insbesondere die Möglichkeit, legal in der durch die Gesetzgebung der Republik Belarus festgelegten Art und Weise in Gebieten bewaffneter Konflikte oder Notsituationen, bei Massenveranstaltungen, an Orten anderer gesellschaftlich wichtiger Ereignisse anwesend zu sein und von dort Informationen zu übermitteln.

TUT.BY wurde erst im Januar 2019 als Medienunternehmen registriert, davor - seit seiner Gründung im Jahr 2000 - war das Portal ohne diesen Status tätig.

Ab dem 7. August 2020 erhielt TUT.BY vier Verwarnungen. Behauptungen der Behörde zufolge entstanden nach der Veröffentlichung von Unterlagen zum Thema "Siebenmal mehr Wähler und 'geheime' Protokolle. Welche Verstöße sahen die Beobachter und was sagte die Wahlkommission?", "Das Staatliche Kontrollkomitee wird den Arbeitnehmern, die sich in hochkarätigen Fällen bewähren, hohe Prämien zahlen können", "Strafverfolgungsbeamte kamen zum Herausgeber von TUT.BY. Ihre Tochter wurde des Aufruhrs beschuldigt" und "der belarussische Zoll bat um Bestätigung, dass in dem Buch 'Harry Potter' keine Aufrufe zum Umsturz der Regierung enthalten sind."

Nach dem Gesetz kann man den Status der Medien nach zwei oder mehr schriftlichen Warnungen innerhalb eines Jahres verlieren.


Ein Beitrag von Ljubow Kasperowitsch / Uljana Boboed, veröffentlicht auf Russisch auf der Seite des staatsfernen alternativen Journalistenverbandes von Belarus baj.by, Übersetzung: DJV/MH.
 

News für Freie

Corona-Pandemie

Neue Regeln für den Arbeitsschutz im Büro und unterwegs veröffentlicht

27.08.20

Abstand halten, lüften, Ventilator aus und öfter ins Home Office: Eine neue SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel wurde jetzt vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht. Darauf macht jetzt die...

Corona-Krise

Brauchen wir ein deutsches "Federal Writers Project" zur Finanzierung des Journalismus?

26.08.20

"Ich wechsele die Branche, der Journalismus bietet Corona-Zeiten keine Perspektiven", diese Aussage ist von freien Journalistinnen und Journalisten in den letzten Wochen zunehmend zu hören. Einige hatten diese Entscheidung noch...

Corona-Krise

Kleine Verbesserungen bei der Soforthilfe in NRW

26.08.20

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen informierte jetzt darüber, dass sie bei der Bundesregierung Detailverbesserungen für Selbständige durchsetzen konnte. Wie Wirtschaftsminister Pinkwart erklärte, gilt nunmehr unter...

Zeitschriften

Beschäftigung sicherer gemacht

24.08.20

Der Deutsche Journalisten-Verband hat sich gemeinsam mit der dju in ver.di mit dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) auf einen Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung geeinigt.

Deutschlandradio

Freienstatut verbessern

18.08.20

Der Deutsche Journalisten-Verband kritisiert die Pläne des Deutschlandradios, ein Freienstatut ohne Mitbestimmungsrechte der Freien zu erlassen.

Belarus

Journalistenverband des Tages, des Jahres

14.08.20

Der Belarussische Journalistenverband hat wohl schon jetzt die Auszeichnung "Journalistenverband des Tages", eigentlich auch die "des Jahres" verdient. Seit Jahren engagiert sich die Alternative zum Journalistenverband der...

Corona-Krise

Aktuelle Umfrage zu Freien

13.08.20

Viele Freie von Ihnen hat die Pandemie schwer getroffen. Sie sorgen sich nicht nur um Aufträge, sondern auch um die eigene Existenz. DJV NRW will mit einer neuen Umfrage wissen, wie es aktuell um die Freien steht. Hier geht es...

Freie

Burda-Vertrag - die Risiken im Detail erläutert

07.08.20

Verschiedene Freie haben einen neuen Vertrag von Burda erhalten, der dem Anschein nach auf einem einheitlichen Muster basiert. Der DJV hat den Vertrag bereits öffentlich kritisiert. Nachstehend einige der wichtigsten...

Warnung an Freie

Burda wälzt Haftung ab

07.08.20

Der Deutsche Journalisten-Verband warnt freie Journalistinnen und Journalisten vor Verträgen des Burda-Medienkonzerns, die unfaire Regelungen für Freelancer enthalten.

PresseFoto Hessen-Thüringen 2020

Es ist wieder soweit!

04.08.20

Auch in diesem Jahr suchen wir zusammen mit dem DJV Hessen das „Foto des Jahres 2020“! Außerdem werden Bilder in sieben weiteren Kategorien prämiert. Bereits zum 14. Mal schreiben die DJV Landesverbände Hessen und Thüringen...

DSM-Richtlinie

Änderungsbedarf bei Umsetzung

04.08.20

Der Deutsche Journalisten-Verband sieht im Diskussionsentwurf des Bundesjustizministeriums zur Umsetzung der DSM-Richtlinie in nationales Recht noch Änderungsbedarf, um die Interessen der Urheber stärker zu betonen.

Stipendien

Freie nicht allein lassen

23.07.20

Der Deutsche Journalisten-Verband appelliert an Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die geplanten Stipendien für freischaffende Künstler auch freien Journalistinnen und Journalisten zukommen zu lassen.

News 133 bis 144 von 858

Schon gewusst? Der DJV erteilt nicht nur kostenlose Rechtsberatung für Mitglieder, sondern auch kostenlosen Rechtsschutz in Berufsfragen. Für mehrere hunderttausend Euro im Jahr. Rechtsschutz - ein Angebot, das viele andere Verbände nicht bieten.

Auch vor den Sozialgerichten für Freie unterwegs ist der DJV. Foto: Hirschler

Schon gewusst? Der DJV erteilt nicht nur kostenlose Rechtsberatung für Mitglieder, sondern auch kostenlosen Rechtsschutz in Berufsfragen. Für mehrere hunderttausend Euro im Jahr. Rechtsschutz - ein Angebot, das viele andere Verbände nicht bieten.

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen