Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten
Mehr zum Thema

Bildjournalisten

Überwachungsstaat

Journalistenverband im Stasi-Knast

23.03.2016

"Macht einer eine Reise und landet hinter Gittern", neue Erfahrung für DJV-Ehrenamtliche.

Silke Klewin, Leiterin der Gedenkstätte Bautzen, vor dem DJV-Fachausschuss Bildjournalisten. Rechts der bekannte Bautzener Fotojournalist Rolf Dvoracek. Foto: Hirschler

Einen ganzen Tag lang wurde eine Arbeitsgruppe des Journalistenverbandes in das Gefängnis der Staatssicherheit Bautzen II gesteckt. So geschehen am 14. März 2016, als der Fachausschuss der Bildjournalisten hier im ehemaligen Kulturraum seine Frühjahrstagung durchführte. Spartanische Einrichtung, kein Aufzug, keine WLAN – gerade letzteres gilt heute bekanntlich schon als Zumutung. Dennoch gab sich so mancher der DJV-Ehrenamtlichen gelassen: „Ich war früher auch einmal nach einer politischen Aktion zusammen mit Fritz Teufel in Dahlem eingesperrt, das war auch nicht sehr luxuriös“, kommentierte ein Teilnehmer trocken.

Der Bundesfachausschuss der Bildjournalisten, in dem sich Vertreter aus Landesverbänden des DJV regelmäßig treffen, war in Bautzen aus zwei Gründen: Einmal, um am 15. März den Preis für den besten Platz in der Auswertung „Fotografen haben Namen“ an die in Bautzen produzierte Tageszeitung „Serbske Nowiny“ (Sorbische  Zeitung) zu überreichen, zum anderen, um seine turnusmäßige Sitzung durchzuführen. Hier wurde viel über die Urheberrechtsreform, das Berufsbild, die Teilnahme an der kommenden „Photokina“ und künftige Aktionen des DJV für Bildjournalisten diskutiert.

Der ungewöhnliche Sitzungsort wurde nach der Sitzung mit einer abendlichen Führung erkundet, die Zellen besucht, in denen Regimekritiker wie Rudolf Bahro und andere weniger Prominente sitzen mussten. Schicksale von Journalisten und ganz normalen Querköpfen, die für ihre Meinungsäußerung oder Fluchtversuche unter unmenschlichen Bedingungen untergebracht wurden. Ein Besuch, der jeden nachdenklich macht, wie auch der Museumsführer berichtete: „Manchmal haben wir feucht-fröhliche Reisegruppen, die nach einem Tag im Umland von Bautzen den Besuch des Gefängnisses als unterhaltsames Highlight einplanen. Nach dem Besuch sind sie dann oft still und leise.“

Die Nachdenklichkeit über die Staatssicherheit prägte auch so die Teilnehmer der DJV-Besuchergruppe. Einer hatte kürzlich gerade seine Stasi-Akte bekommen und darin zu seinem Erstaunen keine Überwachung festgestellt, obwohl er zu DDR-Zeiten einige Male mit Vertretern des DDR-Fotogeschäfts zusammengetroffen war. Offenbar war eben nicht jeder ein Zuträger der Stasi oder gar ein östlicher James Bond, auch wenn der Verdacht schnell in den Köpfen spukt. Mancher allerdings lehnt für sich auch weiterhin die Einholung der Auskunft ab. „Ich war vor 1989 im Rahmen einer Städtepartnerschaft öfters im Osten, aber ich will mir nicht die Illusionen eines normalen Besuches nehmen lassen“, so der Kommentar.

Der DJV-Gesamtvorstand hatte im Jahr 2015 eine Empfehlung ausgesprochen, dass die im DJV Aktiven eine Auskunft über Kontakte zur Staatssicherheit beim Beauftragten der Bundesregierung für die Staatssicherheit einholen sollten. Diese von manchen als „Persilschein“ bezeichnete Auskunft ist aber freiwillig. Inzwischen hat sich gezeigt, dass auch langjährig als Redakteure in der DDR tätige Kolleginnen und Kollegen eine solche Negativ-Auskunft bekommen haben, nur wenige Aktive waren tatsächlich mit dem Dienst verbunden und mussten daher ihre Ämter niederlegen. Öffentlich erhobene Anschuldigungen gegen den Vorsitzenden eines Landesverbandes über eine Mitarbeit wurden dagegen nicht hinreichend belegt, gegen die Verdachtsberichterstattung erhobene Unterlassungsverfahren waren erfolgreich.

So erscheint die Geschichte der Staatsicherheit nicht nur als eine Historie der Überwachung und Gefängnisse, sondern auch als eine der Instrumentalisierung in der Nachwendezeit, mit immer noch aktueller Auswirkung und offenem Ende. Die Staatssicherheit und erst recht das Thema der Überwachung durch Geheimdienste ist so oder so immer noch aktuell - ein Besuch in der Gedenkstätte kann auch deswegen empfohlen werden.

Michael Hirschler, hir@djv.de

News-Übersicht für Bildjournalisten

Bildgeschäft

Downloadgebühren bei Axel Springer - noch kein neuer Stand

17.12.12

Zur Frage, inwieweit Downloadgebühren geltend gemacht werden können

Urteil

Urheberrechtsverletzung auch durch "veralteten" Link auf Foto, so Oberlandesgericht Karlsruhe

14.12.12

Redaktionen und Webmaster aufgepasst: Das Recht am Bild ist auch im Web zu beachten

Selbstvermarktung

Wordpress machen - auch als Fotoblog

10.12.12

Unsere vorweihnachtliche Überraschung für Mitglieder: Einstieg in Wordpress, ein Webinar zum Selbermachen von (Foto-)Blogs

Einsatzfotografie

ZAPP-Interviews zur Feuerwehrfotografie, extended version

06.12.12

Der BJV macht auf ausführliche Versionen der ZAPP-Interviews zum Thema Feuerwehrfotografie aufmerksam. Einige der Hauptprotagonisten der Auseinandersetzung kommen zu Wort.

Fotowettbewerb

Stefan Prager schießt das beste bayerische Pressefoto

06.12.12

Die Entscheidung der Jury des BJV-Wettbewerbs Pressefoto Bayern 2012

Feuerwehrfotografie

ZAPP-Bericht zu Feuerwehr und Bildjournalisten

05.12.12

DJV und Feuerwehren haben den Dialog aufgenommen. Im Fernsehen wird das Thema derweil noch mal aufgespießt.

Feuerwehrfotografie

DJV und Feuerwehrverband: Zusammen mit Blick nach vorn

05.12.12

Ein Arbeitsgespräch zwischen Vertretern des DJV und des Deutschen Feuerwehrverbandes fand am Montag, 3. Dezember, statt.

Urheberrecht

e-hots***.com-Seite nicht aufrufen

03.12.12

Internetseite sorgt für Aufregung bei Bildjournalisten

Fotopreis

Jens Meyer gewinnt Fotopreis Hessen-Thüringen

30.11.12

Siegerfoto des Wettbewerbs "PresseFoto Hessen- Thüringen 2012": Im Rausch der Tiefe.

News 352 bis 360 von 402
Newsletter

Cookie Einstellungen