Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Auskunftsrechte

Die Erforschung von UFOs ist Kernaufgabe deutscher Bundestagsabgeordneter und daher geheim, urteilt das Oberverwaltungsgericht Berlin

27.11.2013

Dissertationen vorzubereiten und über UFOs zu forschen - Geheimnisse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags?


Eine vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags erstellte Ausarbeitung, die sich mit der Suche nach außerirdischem Leben und der Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen befasst, darf von Bürgern nicht eingesehen werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht Berlin am 13. November entschieden. Es hob damit ein anderslautendes Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin auf.

Ein Journalist hatte sich auf das - für alle Bürger, inklusive Journalisten - geltende Informationsfreiheitsgesetz berufen und die Einsicht gefordert. Das Oberverwaltungsgericht meinte, dass die Arbeit des Wissenschaftlichen Dienstes "der Mandatsausübung der Abgeordneten" zuzurechnen sei und daher "als Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten" vom Informationszugang ausgeschlossen sei. Auf parlamentarische Angelegenheiten finde das Informationsfreiheitsgesetz aber keine Anwendung. Darüber hinaus verbiete das Urheberrecht eine Einsichtnahme.

In einem weiteren Urteil zum Wissenschaftlichen Dienst entschied das Oberverwaltungsgericht, es gebe aus den gleichen Gründen wie im Fall der "UFO-Unterlagen" auch keinen Zugang zu Dokumenten, die auf Anforderung des damaligen Abgeordneten zu Guttenberg erstellt und in dessen Dissertation verwendet wurden, die selbst unter Plagiatsvorwürfen stand.

In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, dass ein früherer Mitarbeiter des Wissenschaftlichen Dienstes schon vor Jahren in einem Leserbrief an den "Bonner Generalanzeiger" behauptet hatte, dass Abgeordnete des Bundestags bereits in den siebziger oder achtziger Jahren den Wissenschaftlichen Dienst auch für die Dissertationen ihrer Kinder eingesetzt haben sollen, so dass einiges dafür sprechen könnte, dass der Wissenschaftliche Dienst einiges zu machen pflegt, das nicht zu den Kernaufgaben der Abgeordneten gehört. Insofern stellt sich die Frage, ob nicht zumindest bei augenscheinlich mandatsfremden und inhaltlich recht eigentümlichen Untersuchungen ein Einsichtsrecht bejaht werden müsste.

Oder deutlicher: Ein aktueller Angriff aus dem All und entsprechende Parlamentsresolutionen (bis hin zu Debatten über UFO-bezogene Erhöhungen des Wehr-Etats) stehen dem Vernehmen nach (noch) nicht bevor, so dass kaum anzunehmen ist, dass die Veröffentlichung der UFO-Untersuchung die Arbeit und insbesondere Argumentationskraft des parlamentarischen Gremiums in Frage stellen könnte. Wirklich "mandatsbezogener Kernbereich" des deutschen Parlamentarismus, eine UFO-Untersuchung?

Immerhin hat das Oberverwaltungsgericht die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.


Michael Hirschler, hir@djv.de (@freie)


Die Pressemitteilung des OVG im Volltext:

Pressemitteilung
Berlin, den 13.11.2013


Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) findet keine Anwendung auf mandatsbezogene Unterlagen der Wissenschaftlichen Dienste und des Sprachendienstes des Deutschen Bundestages. Dies hat heute in zwei Berufungsverfahren das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden.

Der Kläger des ersten Verfahrens begehrt unter Berufung auf das IFG, ihm Einsicht in die auf Anforderung einer Bundestagsabgeordneten von den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestages erstellte Ausarbeitung „Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN-Resolution A/33/426 zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebensformen“ zu geben.

Der Kläger des zweiten Verfahrens, ein Journalist einer überregionalen Zeitung, begehrt Ablichtungen von acht Dokumenten der Wissenschaftlichen Dienste und des Sprachendienstes des Deutschen Bundestages, hilfsweise die Gewährung von Einsicht in diese Unterlagen. Die Dokumente wurden in den Jahren 2003 bis 2005 auf Anforderung des früheren Bundestagsabgeordneten zu Guttenberg erstellt und von diesem für seine Dissertation verwendet.

Der Deutsche Bundestag lehnte beide Ersuchen mit der Begründung ab, das IFG sei nicht anwendbar. Die Zuarbeiten der Wissenschaftlichen Dienste und des Sprachendienstes seien der Mandatsausübung der Abgeordneten zuzurechnen und daher als Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Informationszugang ausgenommen. Im Übrigen stehe der Schutz geistigen Eigentums dem Informationsanspruch entgegen.

Das Verwaltungsgericht Berlin ist dem nicht gefolgt und hat den Deutschen Bundestag in beiden Klageverfahren antragsgemäß zur Informationserteilung verpflichtet (vgl. die Pressemitteilungen des Verwaltungsgerichts Berlin Nr. 46/2011 und Nr. 39/2012).

Der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat die erstinstanzlichen Urteile auf die Berufung der Beklagten aufgehoben und beide Klagen abgewiesen. Der Deutsche Bundestag unterliege dem Anwendungsbereich des IFG nur, soweit er öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehme. Die streitgegenständlichen Unterlagen seien nicht in Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben erstellt worden, sondern dem vom IFG ausgenommenen Bereich parlamentarischer Tätigkeit zuzurechnen. Ausarbeitungen und Dokumentationen der Wissenschaftlichen Dienste, die von Abgeordneten in Auftrag gegeben worden seien, dienten der unmittelbaren Unterstützung der Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste wiesen damit ihrer Funktion nach einen engen Mandatsbezug auf. Eine Absicht der rechtswidrigen Nutzung der Wissenschaftlichen Dienste stelle diese Funktion grundsätzlich nicht in Frage. An dem Mandatsbezug fehle es auch nicht wegen der Verpflichtung der Wissenschaftlichen Dienste zur politischen Neutralität. Für die mandatsbezogenen Zuarbeiten der Sprachendienste des Deutschen Bundestages gelte nichts anderes. Auch diese stellten keine Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne dar, sondern seien dem Bereich parlamentarischer Tätigkeiten zuzuordnen, auf die das IFG keine Anwendung finde. Ob den Informationsbegehren im Übrigen der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht, hat der Senat danach offengelassen.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.


Urteile vom 13. November 2013 – OVG 12 B 3.12 und OVG 12 B 21.12



News für Freie

dpa

Warnung an Freie vor Knebelvertrag

31.03.21

Der Deutsche Journalisten-Verband warnt Bildjournalistinnen und -journalisten vor der Unterzeichnung eines neuen Vertrags bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Deutsche Welle

Freienvertretung wenig wirksam, dennoch wählen gehen!

26.03.21

Der DJV hält die Vertretung von Freien durch Personalräte für dringend notwendig und fordert aktuell von der Bundesregierung, das Personalvertretungsgesetz entsprechend zu ändern, so dass beispielsweise auch an der Deutschen...

Medien

Lauf für Pressefreiheit startet diesen Sonntag

19.03.21

Jetzt geht es los: Vom 21. März bis zum 1. Mai laufen DJV-Mitglieder in Fünferteams 1.715 Kilometer auf der virtuellen Strecke Berlin-Paris-Brüssel-Luxemburg, um auf aktuelle Probleme der Pressefreiheit aufmerksam zu machen. Die...

Coronakrise

Neues zur Neustarthilfe und Gutes für Bayern

19.03.21

Die Neustarthilfe für Freie, die als Solo-Selbstständige und/oder unständig Beschäftigte tätig sind, wird auch an Freie im Journalismus geleistet. Darauf hat der DJV in letzter Zeit bereits mehrfach hingewiesen. Grundsätzlich...

Thementag Freie

Lebhafte Diskussionen über Zukunft der Freien

18.03.21

Am 15. März 2021 diskutierten DJV-Mitglieder über die Zukunft der Freien. In drei Arbeitsgruppen und anschließend im Plenum diskutierten sie Aktionsvorschläge, die ursprünglich dem DJV-Verbandstag 2020 vorgelegen hatten, der...

Gemeinsame Vergütungsregeln

Volltreffer

16.03.21

Eine freie Journalistin wurde um 66.000 Euro reicher. Diese Summe sprach ihr das OLG Nürnberg als Honorarnachzahlung zu. Ihre Zeitung wollte sie mit 14 Cent pro Zeile abspeisen.

Freie

Aufbruch!

15.03.21

Keiner Gruppe im Journalismus hat die Corona-Pandemie so zugesetzt wie den Freien. Wie geht es jetzt weiter? Antworten werden heute beim DJV-Thementag Freie gesucht.

Kulturhilfen

Freie Journalisten nicht vergessen

05.03.21

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert Kulturstaatsministerin Monika Grütters auf, bei den geplanten Hilfen des Bundes für Kulturschaffende auch freie Journalistinnen und Journalisten zu berücksichtigen.

Funke-Mediengruppe

Lorbeeren verspielt

23.02.21

Nach dem Hackerangriff auf die Funke-Mediengruppe warten viele Freie immer noch auf ihre Honorare. Geld? Fehlanzeige. Interne Kommunikation? Totalausfall. Ein Trauerspiel.

Bildhonorare

Verlässliche Konstante in Krisenzeiten: mfm-BILDHONORARE 2021 erschienen!

22.02.21

Die jährlich von der mfm ermittelten marktüblichen Honorare für Fotonutzungen in Deutschland werden in der Publikation „mfm-BILDHONORARE“ veröffentlicht. Die Ausgabe 2021 ist ab sofort in der gedruckten Version und auch im...

Umfrage

Soziale Lage in der Film- und Fernsehbranche wird untersucht

19.02.21

Eine aktuelle Branchenumfrage soll die Arbeitsbedingungen und soziale Lage der Berufstätigen in der Film- und Fernsehbranche erforschen. Die Umfrage ist vom Senat von Berlin beauftragt worden. Die Ergebnisse sollen einem...

Corona-Krise

Neustarthilfe kann jetzt beantragt werden

16.02.21

Die Neustarthilfe des Bundes ist für Solo-Selbstständige jetzt abrufbar. Freie, die in Personengesellschaften (z.B. GbR, Partnerschaften) oder Kapitalgesellschaften (z.B. UG, GmbH) arbeiten, müssen sich dagegen noch...

News 73 bis 84 von 858

Schon gewusst?Service, von dem gerade freie Journalisten profitieren, bietet die DJV-Verlags- und Service-GmbH. Fachliteratur, Soft-/Hardware, günstige Konditionen bei Autovermietern und Hotels.

Orange - die allgegenwärtige DJV-Farbe. Foto: Hirschler

Schon gewusst?Service, von dem gerade freie Journalisten profitieren, bietet die DJV-Verlags- und Service-GmbH. Fachliteratur, Soft-/Hardware, günstige Konditionen bei Autovermietern und Hotels.

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen