Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Markt

„Es kann etwas gemacht werden für faire Honorare"

04.10.2013

Vergütungsregeln, die von Verlegern nicht umgesetzt werden, Online-Postillen wie die "Hufftington Post", die keine Honorare mehr zahlen. Kann überhaupt noch etwas von Freien unternommen werden, um zu fairen Honoraren zu kommen? Ein Debattenbeitrag von Constanze Elter.


Verhandlungstechniken lernen, Argumentationshilfen erhalten – einschätzen, was die eigene Arbeit wert ist: Mit diesen Erwartungen kommen viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer in meine Seminare. Immer, wenn es dort heißt „Kalkulieren und verhandeln lernen“, wird die Frage nach dem Patentrezept gestellt. Wie verdiene ich das, was mir für meine Arbeit zusteht? Wie kann ich mit meiner journalistischen Arbeit meinen Lebensunterhalt bestreiten?

Viele freie Journalisten machen bereits hier meiner Erfahrung nach den entscheidenden Fehler. Sie wissen nicht, woraus ihr Lebensunterhalt eigentlich besteht. Mit anderen Worten: Sie haben ihre finanzielle Situation nicht im Blick – ausgenommen vielleicht den Blick auf die monatlichen Kontoauszüge, die mal ein Minus, mal ein Plus hergeben. Ansonsten kennen sie nur im Groben ihre Kosten, können nur ungefähr abschätzen, wann Einnahmen fließen und haben keine Übersicht darüber, was sie fürs Private aus ihrem Unternehmen entnehmen müssen.

Als Basis für jede erfolgreiche Verhandlung ist jedoch genau die Kenntnis dieses Zahlenmaterials notwendig. Jeder Freiberufler sollte wissen, wie viele Einnahmen er oder sie erwartet, was davon ausgeben wird und was am Ende übrig bleibt. Außerdem muss Klarheit darüber herrschen, wie mögliche finanzielle Durststrecken zwischenfinanziert werden. Denn nur selten haben Freiberufler jeden Monat des Jahres derart hohe Fixeinnahmen, dass sie davon sämtliche laufenden Kosten bestreiten können. Manche Freiberufler unterliegen einem klassischen Saisongeschäft – und verzeichnen damit in manchen Monaten hohe Umsätze, in anderen wiederum gar keine. Andere Freiberufler hingegen haben in ihrer Branche mit langen Zahlungszielen zu kämpfen – und müssen in der Zwischenzeit trotzdem ihre regelmäßigen Ausgaben finanzieren.

Betriebsausgaben, Kosten für Altersvorsorge und Absicherung, Investitionen – all das will bezahlt werden, gleich, wie hoch der Umsatz ist. Dazu kommt der regelmäßige Lebensunterhalt, ein Punkt, der von vielen Freiberuflern vernachlässigt wird. Man nimmt sich, was man braucht, wenn man es braucht. Durch diese unregelmäßigen Privatentnahmen verlieren Sie aber leicht den Überblick, ob Ihr Unternehmen überhaupt genug für Ihren Lebensunterhalt abwirft. Wichtig ist es daher, schon bei der Kalkulation die regelmäßig erforderlichen Privatentnahmen genau zu beziffern – und daraus eine Art „Inhabergehalt“ abzuleiten.

Schritt 1 muss also lauten: Setzen Sie sich einmal im Jahr an Ihren Schreibtisch und nehmen Sie eine umfassende betriebswirtschaftliche Planung vor. Stellen Sie sämtliche Kosten und voraussichtlichen Einnahmen auf, denken Sie auch an die private Ausgabenseite. Wichtig ist es, bei allen Kosten immer „Worst-Case-Szenarien“ durchzuspielen, also die Ausgaben so hoch wie möglich anzusetzen. Bei den Einnahmen sollte man eher zurückhaltend kalkulieren.

Der Überblick über die eigenen Kosten ist jedoch nur der erste Schritt in Richtung erfolgreiche Verhandlungstaktik. Freiberufler sollten auch ihre Arbeitszeit genau einschätzen können: Wie viel steht insgesamt zur Verfügung? Wie viel Zeit muss für bestimmte Aufträge investiert werden? Sind umfangreiche Feedbackschleifen oder Abstimmungsprozeduren einzuplanen, muss viel mit der Redaktion telefoniert werden? Ist es mit der Arbeit vom heimischen Schreibtisch aus getan oder fallen für den Job Fahrten ins Studio oder zu Interviewpartnern an? Auch hier gilt: Planen Sie immer Puffer ein.

Schritt 2 besteht also darin, die eigene Arbeitszeit zu kalkulieren, aber auch zu dokumentieren. Ob Sie dafür eine Kladde, eine Excel-Tabelle oder ein Online-Tool nutzen, ist gleichgültig. Die Hauptsache ist, dass Sie erkennen, wie viel Zeit Sie in bestimmte Tätigkeiten stecken. Sie werden erkennen: „Gefühlt“ nimmt mancher Arbeitsschritt sehr viel weniger Zeit in Anspruch als in Wirklichkeit.

Ein weiterer Fehler, den viele Freiberufler in ihrer „Kalkulation“ begehen, ist es, sich nach standardisierten Werten zu richten. Keine (finanzielle) Situation ist vergleichbar mit der anderen, genauso wie die Qualität der Arbeit bei verschiedenen Freiberuflern durchaus unterschiedlich ausfallen kann. Sie benötigen einen individuellen Stundensatz, mit dem Sie in die Verhandlungen gehen können – und Sie brauchen einen Indikator für Ihre Schmerzgrenze, die Sie nicht unterschreiten dürfen.

Schritt 3 muss also sein, die verfügbare Arbeitszeit und die zu kalkulierenden Gesamtkosten ins Verhältnis setzen. Auf diese Weise können Sie sich sowohl einen Stunden- als auch einen Tagessatz errechnen. Wichtig: Mit der Gesamtsumme sämtlicher Kosten erhalten Sie einen wichtigen Hinweis auf Ihre Schmerzgrenze. Die Summe all Ihrer Kosten (Betriebsausgaben, Kosten für Vorsorge sowie Privatentnahmen) geteilt durch Ihre monatlichen Arbeitsstunden ergibt den Satz für Ihr absolutes Minimum.

Die Pflicht der Preisfindung haben Sie mit diesen drei Schritten abgeschlossen. Die Kür besteht nun darin, Ihr Wunschhonorar in einer erfolgreichen Verhandlung durchzusetzen.


(Teil 1 eines zweiteiligen Beitrags. Teil 2 erscheint am 10. Oktober 2013 unter djv.de/freie)




Constanze Elter ist Steuerjournalistin und bringt Lesern und Hörern unter dem Motto „Steuern – leicht gemacht!“ die Wirtschaft näher. Komplexe Zusammenhänge und trockene Themen verstehen, erklären und verständlich und anschaulich aufzubereiten, darin sieht sie ihre Aufgabe – für Hörfunk, Printmedien, Fachverlage, öffentliche Auftraggeber und Kanzleien.

Constanze Elter hat außerdem diverse Bücher veröffentlicht. Im Wiley Verlag sind bislang die Ratgeber „Freiberufler: Fit fürs Finanzamt“ (2013) und „Selbstständig und dann? Wie Freiberufler langfristig erfolgreich werden“ (2011) erschienen. Für 2014 ist im Gabler Verlag das Buch „Der Rechnungs-Kompass“ geplant.


http://www.constanze-elter.de



Der Beitrag in dieser Serie ist Teil einer neuen Serie, die danach fragt, wie faire Honorare in der Praxis umgesetzt werden können. Mehr zum Thema faire Zeitungshonorare finden Sie auch unter faire-zeitungshonorare.de

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