Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Honorare

Freie gegen pauschalen Journalismus beim WDR

27.10.2014

Ein neues Honorarsystem, das massive Kürzungen bedeutet - Freie wollen sich jetzt wehren

Die Fotos zeigen Momentaufnahmen der Tagung für Freie am WDR. Ein Blick in das Plenum, in dem zahlreiche Personen zu sehen sind, außerdem eine Freie, die auf einem Flipboard Ideen für Aktionen sammelt und Notizen während der Veranstaltung.

Brainstorming, Plenum, Notizen: Viel los bei der WDR-Freientagung des DJV-NRW. Fotos: Hirschler

Der Tagungssaal war proppenvoll: Am Samstag, 25. Oktober trafen sich 160 WDR-Freie zur Diskussion über die neuen Kürzungspläne des WDR. Was der WDR beabsichtigt, schilderten die Vertreter des DJV-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, der über den Diskussionsstand der Tarifgespräche mit dem Sender informierte. Im Zentrum der Kritik stand die Einführung von Tagespauschalen für viele Tätigkeiten, mit denen nach Willen der WDR-Geschäftsführung die Honorierung nach Beitragsart abgelöst werden soll.

Die geplanten Pauschalen stellen von der Höhe her eine massive Honorarkürzung da, wurde vielfach kritisiert. Zu den neuen Honorarsätzen würden sie nicht arbeiten können und wollen. Der bisher in Beiträge investierte persönliche Aufwand lasse sich damit nicht refinanzieren. Qualitativ hochwertiger Journalismus werde damit unmöglich. Manche Freie kündigten schon an, unter solchen Umständen gar nicht mehr für den Sender zu arbeiten, denn es gebe für sie Alternativen.

Die Einführung von Tagespauschalen wird nach aller Wahrscheinlichkeit über kurz oder lang auch zu einer Änderung des sozialversicherungsrechtlichen Status führen. Das bedeutet: Freie, die mit Tagespauschalen arbeiten, müssen raus aus der Künstlersozialkasse und direkt über den WDR versichert werden. Für diesen bedeutet das Mehrkosten, da er den Arbeitgeberanteil für Beschäftigte tragen muss, der mit fast 20 Prozent deutlich höher ist als die rund 5 Prozent Künstlersozialabgabe, die auf freie Honorare fällig werden. Zwar streiten die WDR-Juristen eine solche Automatik ab, allerdings ist von anderen Rundfunkanstalten bekannt, dass die Änderung des sozialversicherungsrechtlichen Status manchmal geradezu über Nacht erfolgte, obwohl auch dort die zuständigen Verwaltungsjuristen zunächst jahrelang die Meinung vertreten hatten, bei der Sozialversicherung alles richtig zu machen. Kommt die Deutsche Rentenversicherung erst einmal zu einer richtigen Prüfung in den WDR und bemerkt dort die Existenz von Personen, die zu Tagespauschalen arbeiten, wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Sozialversicherungspflicht dekretieren. Wie auch an anderen Rundfunkanstalten werden die Verantworlichen Verwaltungsjuristen dann plötzlich ganz kleinlaut werden und die entsprechenden Freien "umstellen", ganz ohne Übergangsfristen oder Bestandsschutz, das dürfte klar sein.

Trotz der fehlenden Akzeptanz durch die Freien und den DJV wollte der WDR die Tagespauschalen an einem ersten Studio sang- und klanglos einführen, obwohl der bisherige Tarifvertrag, der im Wesentlichen die beitragsbezogene Honorierung vorsieht, immer noch gilt. Begründung der Verantwortlichen: Sie könnten das tun, weil es diese Pauschalen im bisherigen Tarifsystem ja nicht gebe. Eine Argumentation, die juristisch nicht abwegiger sein könnte. Denn mit der gleichen Argumentation könnten Arbeitgeber ja auch in der Restwirtschaft ständig neue Gehaltssysteme während laufender Tarifverträge aufstellen - was sie natürlich gar nicht tun (dürfen). Der Ansatz wurde bereits vom DJV zurückgewiesen und auch von den Freien, die in diesem Studio tätig sind.

Die Versammlung tagte in vier Arbeitsgruppen: TV-Freie, Hörfunk-Freie, crossmediale Freie sowie einer Gruppe in Sachen Aktionsideen. Am Ende der Tagung stand fest: Die Pläne des WDR werden von den Freien abgelehnt, sie sehen keine Zukunft für sich und ihr Engagement unter solchen Konditionen. Das erste Ziel lautet jetzt, noch mehr Freie für den Protest zu gewinnen und überall Versuchen des Senders entgegenzutreten, die Tagespauschalen unter der Hand einzuführen. Freie sollten sich daher beim DJV-NRW melden, damit sie auf Mailinglisten und andere Verteiler gesetzt werden können. Weiterhin soll der Protest ins Haus getragen werden, spätestens dann, wenn das nächste Treffen mit dem WDR am 17. November keine Änderung der Position der Geschäftsführung zeigt. Es gibt bereits eine Menge von Ideen, die für erhebliche Unruhe im Haus sorgen können, wenn der WDR das tatsächlich so will. Die Freien legen dabei Wert darauf, dass sie mit ihren Aktionen vor allem hausintern agieren wollen. Es soll nicht darum gehen, den WDR in der Öffentlichkeit vorzuführen, wo viele Kritiker des öffentlich-rechtlichen Systems nur auf Steilvorlagen für Fundamentalangriffe nur warten. Andererseits wollen sich die Freien aber auch nicht mit ihrer Kritik verstecken. "Ich habe keine Probleme damit, dem WDR, aber auch der Öffentlichkeit zu erklären, warum ein Tagessatz von 450 Euro nicht ausreichend ist, wenn es um Qualitätsjournalismus geht", meinte ein Teilnehmer. Die Freien beim WDR seien hochprofessionelle, hervorragend ausgebildete Journalisten, die ihren Anspruch auf leistungsgerechte Bezahlung selbstbewusst vorbringen sollten.


Michael Hirschler

News für Freie

journalist.de

Wenn aus Blogs Geschäftsmodelle werden

04.12.12

Viele Blogs wandeln sich von persönlichen Tagebüchern zu professionellen Onlinemagazinen. Könnten Blogs zur alternative Einnahmequelle für freie Journalisten werden?

Urheberrecht

e-hots***.com-Seite nicht aufrufen

03.12.12

Internetseite sorgt für Aufregung bei Bildjournalisten

Social Media

Social Media für Profis - Material jetzt im DJV-Intranet

30.11.12

Viel Lob gab es für das "Webinar Social Media für Profis" am 29. November. Jetzt gibt es die Aufzeichnung und Unterlagen im DJV-Intranet.

Urheberrecht

Leistungsschutzrecht: Die Debatte

30.11.12

Der Bundestag debattierte am 29. November über den Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht

Urheberrecht

Leistungsschutzrecht: Debatte zur Geisterstunde

29.11.12

Erste Lesung des Verlegergesetzes im Bundestag

Honorare

Boykottaufruf gegen Brodcast Text International

28.11.12

Absenkung der Honorare: Protest der Freien in Finnland gegen die Übersetzungsfirma BTI. Auch freie Journalisten in audio-visuellen Medien betroffen.

dapd

Kündigung von festen Freien: 3 Wochen Klagefrist

28.11.12

Wer wie ein Arbeitnehmer tätig war, muss jetzt eventuell klagen

Existenzgründung

Existenzgründungswebinar: Material jetzt im Intranet erhältlich

23.11.12

Das Material unseres Webinars "Existenzgründung" von heute ist im DJV-Intranet bereit gestellt worden.

journalist.de

Wenn die Firma pleite geht

23.11.12

Gleich zwei Insolvenzen innerhalb weniger Wochen. Die Probleme von FR und dapd haben auch viele freie Journalisten aufgeschreckt: Was gilt eigentlich, wenn der Auftraggeber pleite geht? Michael Hirschler vom DJV klärt auf.

Finanzierung

Der Journalismus geht stiften - Diskussion in Recklinghausen am 24.11.

21.11.12

Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Medienkrise. Öffentliche Stiftungsmodelle als Rettungspaket für die Medien?

Existenzgründung

Freie Journalisten in MeckPomm: Existenz kaum möglich

21.11.12

Ein Bericht im "Kiek an!", dem Magazin des DJV-Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, zeigt, wie es um den (freien) Journalismus im Armenhaus der Republik steht.

Informationsfreiheit

Bundesrechnungshof muss Prüfungsniederschriften herausgeben

17.11.12

Ein Journalist konnte sich vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen den Bundesrechnungshof durchsetzen. Ein Sieg für die Informationsfreiheit.

News 781 bis 792 von 858

Schon gewusst?Rund 60 Prozent aller Freien arbeiten aus Überzeugung hauptberuflich frei, 40 Prozent sind als Freie tätig, weil sie keine Anstellung finden (Quelle: DJV-Umfrage 2014).

Auch bei der EU in Brüssel sind viele Freie unterwegs - nicht immer freiwillig frei. Foto: Hirschler

Schon gewusst?Rund 60 Prozent aller Freien arbeiten aus Überzeugung hauptberuflich frei, 40 Prozent sind als Freie tätig, weil sie keine Anstellung finden (Quelle: DJV-Umfrage 2014).

freienblog

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen