News für Freie
Sieg der Mitbestimmung des Personalrats für arbeitnehmerähnliche Freie an Radio Bremen
Oberverwaltungsgericht gibt Recht auf Mitbestimmung bei Entscheidung über Weiterbeschäftigung und Dienstplänen
Insgesamt sind nach den Feststellungen des Gerichts mit Stand 31.10.2015 195 Personen als freie Mitarbeiter in arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnissen bei Radio Bremen tätig. 210 Personen sind fest angestellt. Die arbeitnehmerähnlichen Personen sind alle in der Programmgestaltung tätig; bei den 210 Festangestellten betrifft dies 100 Personen.
Mit Schreiben vom 08.05.2013 machte der Personalrat bei der Geschäftsführung der Anstalt geltend, dass die Entscheidung über die Beschäftigung freier Mitarbeiter in arbeitnehmerähnlicher Rechtsstellung seiner Mitbestimmung unterliege. Er berief sich auf § 18a Abs. 5 Radio-Bremen-Gesetz (RBG), der 2008 in das Radio-Bremen-Gesetz eingefügt wurde und vorsieht, dass arbeitnehmerähnliche Personen als Bedienstete i. S. des Bremischen Personalvertretungsgesetzes (BremPersVG) gelten.
Radio Bremen lehnte dies mit Schreiben vom 31.05.2013 ab. In Angelegenheiten arbeitnehmerähnlicher Personen sei ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats nicht gegeben. Bei diesen Beschäftigten handele es sich um nicht weisungsgebundene freie Mitarbeiter; ein Mitbestimmungsrecht verstieße auch gegen die durch das Grundgesetz geschützte Rundfunkfreiheit der Rundfunkanstalt.
Das Oberverwaltungsgericht verwies darauf, dass das Radio-Bremen-Gesetz (RBG) in § 18a Abs. 5 bestimme, dass als Bedienstete im Sinne des Bremischen Personalvertretungsgesetzes „auch“ arbeitnehmerähnliche Personen gelten. Arbeitnehmerähnliche Mitarbeiter sollten demnach den übrigen Bediensteten „ersichtlich“ personalvertretungsrechtlich gleichgestellt werden. Die arbeitnehmerähnlichen Personen würden auch ohne Einschränkung in die Mitbestimmung einbezogen, da es im Bremer Personalvertretungsgesetz keine Sonderregelung für diese Gruppe gebe.
Erklärte Absicht des Gesetzgebers sei danach die Einbeziehung der arbeitnehmerähnlichen Personen in die Mitbestimmungsregelungen. Anhaltspunkte dafür, dass diese Einbeziehung sich auf die angesprochene gemeinsame Personalvertretung beschränken sollte, seien nicht erkennbar.
Die Entscheidung über die weitere Beschäftigung nach sechs Monaten ist als Einstellung zu bewerten
Hier stellte sich nun die Frage, ob und wann der Personalrat bei der Entscheidung über die Beschäftigung von freien Mitarbeitern mitbestimmen kann. Denn solange ein freier Mitarbeiter noch nicht arbeitnehmerähnlich ist, könnte zumindest hier ein Mitbestimmungsrecht abgesprochen werden. Die Rechtsstellung als arbeitnehmerähnliche Person tritt schließlich erst dann ein, wenn ein freier Mitarbeit mehr als sechs Monate für die Anstalt tätig ist. Insofern könnte argumentiert werden, dass erst nach einer Entscheidung über die Weiterbeschäftigung ein Recht des Personalrats vorliege.
Das Gericht entschied hierzu, dass die Frage, ob jemand nach sechs Monaten weiter beschäftigt werde, in ihrer Wirkung einer Einstellungsentscheidung gleichkomme und daher bereits der Mitbestimmung unterliege. Das bedeutet, dass der Personalrat bereits bei der Entscheidung mitzubestimmen hat.
Eine Personalvertretung ohne Freie nicht legitim
Das Gericht spricht in seinem Urteil einer Personalvertretung, in der es keine wirksamen Mitbestimmungsrechte für arbeitnehmerähnliche Personen gebe, sogar die Legitimität ab:
„In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass eine gemeinsame Personalvertretung, deren Mitbestimmungsbefugnisse sich nur auf die Festangestellten erstrecken würden, zu einem nicht zu übersehenden legitimatorischen Missverhältnis führen würde. Derzeit (Stand 31.10.2015) sind 195 Personen als freie Mitarbeiter in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis bei Radio Bremen tätig; 210 Personen sind festangestellt. Der Personalrat würde in diesem Fall zwar von sämtlichen Bediensteten gewählt, wäre aber für einen erheblichen Teil der Wähler mitbestimmungsrechtlich nicht zuständig. Legitimation und Kompetenz würden auseinander klaffen, und zwar in einem signifikanten Umfang. Dies wäre geeignet, die Wirksamkeit der Interessenvertretung zu beeinträchtigen.“
Die Einbeziehung der arbeitnehmerähnlichen Personen in die Mitbestimmungsregelungen trage im Übrigen nach ihrem objektiven Zweck deren wirtschaftlicher Abhängigkeit und sozialer Schutzbedürftigkeit Rechnung.
Rundfunkfreiheit wegen Letztentscheidungsrecht des Intendanten nicht verletzt
Das Gericht machte auch deutlich, dass § 18a Abs. 5 Radio-Bremen-Gesetz nicht gegen den verfassungsrechtlichen Schutz der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verstößt, wie es die Rundfunkanstalt behauptet hatte. Denn die Entscheidungen im Mitbestimmungsverfahren, an deren Ende der Beschluss der Einigungsstelle stehe, würden durch das Letztentscheidungsrecht des Intendanten relativiert. Denn damit kann der Intendant am Ende immer noch im Interesse der Rundfunkfreiheit anders entscheiden.
Entsprechendes gelte auch für die Mitbestimmung für Dienstpläne. Hierbei handele es sich um Bei Dienstplänen handelt es sich um eine soziale Angelegenheit im Sinne von § 63 Abs. 1 Buchstabe f) des Bremischen Personalvertretungsgesetzes.
Hier bestehe zwar kein Recht auf Mitbestimmung bei der Einteilung freier Mitarbeiter in die Dienstpläne. Das sei ohnehin nicht geltend gemacht worden. Ein Mitbestimmungsrecht bestehe allerdings bei den Rahmendaten der jeweiligen Dienstpläne (Beginn und Ende der Schichtzeiten; Pausenregelung), die das Gerüst für die Beschäftigung der freien Mitarbeiter bilden. Der Personalrat hatte hier darauf hingewiesen, dass es hier in der Vergangenheit zu einseitigen Veränderungen von Seiten von Radio Bremen gekommen war. In diesem Fall handele es sich um eine soziale Maßnahme, an der der Antragsteller zu beteiligen sei.
Die Mitbestimmung bei der Aufstellung von Dienstplänen berühre nach Artikel 5 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz geschützte Rundfunkfreiheit nicht an sich, vielmehr müsse das im Einzelfall geprüft werden. Das Oberverwaltungsgericht wies auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hin, nach denen Arbeitszeitregelungen, auch wenn sie programmgestaltende Mitarbeiter betreffen, nicht in jedem Fall die Rundfunkfreiheit berühren müssten.
Da auch bei Konflikten über die Aufstellung oder Änderung der Dienstpläne der Intendant das Letztentscheidungsrecht habe, sei eine Verletzung der Rundfunkfreiheit in diesem Fall nicht gegeben.
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bremen vom 1. Dezember 2015, Aktenzeichen 6 LP 103/14.
Michael Hirschler, hir@djv.de
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