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Vergütungsregeln gekündigt – darf jetzt „endlich“ wieder unangemessen bezahlt werden?
Urheberrechtsgesetz mit Anspruch auf angemessenes Honorar gilt weiterhin
Selbst wenn es sich doch um eine rechtswirksame Kündigung handeln würde, wären die Vergütungsregeln weiter zu beachten. Denn Fakt ist: Auch nach der Kündigung der Vergütungsregeln gibt es das Urheberrechtsgesetz, und dort ist der Anspruch auf angemessene Vergütung geregelt. Was angemessen ist, kann in Vergütungsregeln definiert werden. Eine Vergütung, die durch gemeinsame Vergütungsregeln ermittelt wurde, ist angemessen. Diese Vermutung der Angemessenheit fällt aber weg, wenn die Regeln gekündigt sind. Gerichte können aber den insoweit unwirksam gewordenen Vergütungsregeln schon bisher Indizwirkung zumessen, um die Angemessenheit einer Vergütung festzustellen.
Außerdem gilt seit dem 01. März der neue § 36c UrhG. Danach kann sich ein Verlag, der an der Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln beteiligt war, nicht auf eine Bestimmung berufen, die zum Nachteil des Urhebers von den gemeinsamen Vergütungsregeln abweicht. Diese Regel verlängert die gekündigten Vergütungsregeln zwar nicht, verstärkt aber ihre Indizwirkung. Es ist daher bis zum Abschluss neuer Vergütungsregeln recht wahrscheinlich, dass Gerichte bei der Ermittlung der Angemessenheit bereits abgeschlossene Vergütungsregeln trotz ihrer Kündigung berücksichtigen werden.
Sollten die gekündigten Vergütungsregeln nicht mehr als Maßstab in Betracht kommen, bleiben die Regeln des Tarifvertrages für arbeitnehmerähnliche Freie an Tageszeitungen. Auch diese können ebenfalls für die Angemessenheitsprüfung herangezogen werden.
Ein Verlag könnte schließlich schwerlich behaupten, dass die wirtschaftliche Situation vor der Kündigung der Vergütungsregeln, also vor dem 1. März 2017 wesentlich anders war als in der Zeit danach. Daher würde ein Gericht die bis zum 28. Februar 2017 geltenden Vergütungsregeln immer noch als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Angemessenheit heranziehen.
Gleichwohl führt die Kündigung der Vergütungsregeln zu einer gewissen Unsicherheit für alle Betroffenen, auch und gerade für Verlage selbst. Denn es könnte durchaus sein, dass im Fall von Klageverfahren von Freien Gerichte auch zu Entscheidungen kommen würden, nach denen deutlich mehr als nach den Sätzen der Vergütungsregeln gezahlt werden muss. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Vergütungsregeln aus dem Jahr 2010 bzw. für Fotos aus 2013 stammen, mittlerweile der Geldwert gesunken ist und das Urheberrechtsgesetz seit dem 1. März 2017 bei der Ermittlung der Angemessenheit auch die Häufigkeit und Ausmaß der Nutzungen berücksichtigt sehen will.
Ein Verlag ist also gut beraten, die Vergütungsregeln weiter mindestens "entsprechend" anzuwenden. Wegen der Kündigung der Vergütungsregeln allerdings mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor. Am besten wäre es für einen Verlag, wenn er sicherheitshalber einen gewissen Aufschlag auf die Sätze der Vergütungsregeln zahlen würde, um spätere Nachzahlungen zu vermeiden.
Besser wäre es natürlich, wenn Verlage den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) dazu auffordern würden, diese Rechtsunsicherheit schnellstens zu beseitigen und zeitnah neue Vergütungsregeln abzuschließen. Aus Sicht des DJV ist eine Erhöhung der Sätze in jedem Fall erforderlich.
Redakteure und Freie an Zeitungen sollten sich jetzt zusammensetzen und gemeinsam gegenüber ihren Geschäftsführungen dafür eintreten, dass der Verlag Druck auf den BDZV ausübt und bis zum Neuabschluss „Vergütungsregeln plus“ zahlt. Dieses „Plus“ darf nicht unter der Summe der seit Inkrafttreten der Vergütungsregeln erfolgten linearen Honorarerhöhungen nach dem genannten Tarifvertrag liegen. Wie hoch es darüber hinaus ausfallen muss, wird der DJV im Fall von Verhandlungen noch ausführlich erläutern.
Michael Hirschler/Benno H. Pöppelmann (Beitrag am 9.3.2017 überarbeitet)
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