Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Gesetzgebung

Acht gesetzliche Kriterien für die Scheinselbständigkeit

17.11.2015

Und doch wird alles bleiben, wie es ist


Die Bundesregierung will die Frage der Scheinselbständigkeit durch acht gesetzliche Kriterien klären. Im Referentenentwurf, der noch innerhalb der Bundesregierung abgestimmt werden muss, ist zudem ein Informationsrecht des Betriebsrats hinsichtlich von Personen vorgesehen, die als selbständige Werkvertragsunternehmer tätig sind. Damit kann der Betriebsrat Informationen bekommen, die für ein Eingruppierungsverfahren erforderlich sind. Mit Eingruppierungsverfahren können Scheinselbständige auf Initiative des Betriebsrats mit Arbeitsverträgen ausgestattet werden, auch gegen den Willen des Arbeitgebers.

Die acht Kriterien entsprechen generell den Grundsätzen der bereits bestehenden Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Auch das Informationsrecht des Betriebsrats ist bereits vor Jahren durch die Arbeitsgerichtsbarkeit festgestellt worden. Insofern wird eine "gefestigte Rechtsprechung" jetzt nur in Gesetzestext verwandelt.

Konkret ist nach den acht Kriterien Arbeitnehmer, wer:

1) nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder seinen Arbeitsort zu bestimmen,

2) die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,

3) zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt,

4) die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem anderen eingesetzt oder beauftragt sind,

5) ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,

6) keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu erbringen,

7) Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind,

8) für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr bietet.



Es ist davon auszugehen, dass sich durch die "neuen" Kriterien an der Wirklichkeit in den Medienbetrieben nicht viel ändern wird. Denn diese Kriterien entsprechen der jahrzehntealten Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zum Arbeitnehmerstatus. Trotz dieser Rechtsprechung und dem Vorhandensein von Prüfdiensten der Sozialversicherung und der Finanzämter verweigern viele Medienbetriebe ihren Beschäftigten Arbeitsverträge und grenzen sie auf diese Weise von der "Stammbelegschaft" aus. Die zuständigen Behörden und Prüfdienste ignorieren das Problem häufig genug.

Die eigentlich für die Bekämpfung solcher Scheinselbständigkeit ebenfalls zuständigen Betriebsräte wiederum schrecken oft vor der Einleitung von Eingruppierungsverfahren zurück, da viele der betroffenen Freien das gar nicht wünschen, weil sie oft genug die Sorge äußern, im Rahmen einer solchen Maßnahme von ihrem Auftraggeber/Arbeitgeber als Problemkandidat eingestuft und alsbald freigesetzt zu werden. Hinzu kommt der Umstand, dass die Einleitung von Eingruppierungsverfahren von Geschäftsführungen als Kampfansage verstanden wird und der Betriebsrat mit erheblicher Gegenwehr der Firmenleitungen rechnen muss, wodurch die alltägliche Arbeit für die regulären Arbeitnehmer erheblich belastet wird.

Wirksame Maßnahmen gegen die Scheinselbständigkeit und für die Rechte von Beschäftigten würden freilich anders aussehen. Hier wären beispielsweise neue Zuständigkeiten für die Arbeitsschutzämter zu schaffen, damit diese den fehlenden Arbeitnehmerstatus im Rahmen einer Prüfung feststellen könnten. Schnellverfahren vor den Arbeits- und Sozialgerichten zur Feststellung eines Arbeitnehmerstatus wären eine andere Maßnahme. Doch die Bundesregierung will solche Ansätze gar nicht erst andenken.

Es ist daher unwahrscheinlich, dass sich im Alltag der Medienbetriebe viel ändern wird. In den Interessensverbänden der Wirtschaft sind dennoch bereits Warnungen vor den neuen Kriterien zu hören. Klar ist, dass die Beschäftigung rechtlich ungeschützter Mitarbeiter auf freier Basis für Unternehmen oft genug die kostengünstigste Lösung ist und daher jede gesetzliche Maßnahme abgelehnt wird, wenn sie auch nur die kleinste Auswirkung haben könnte. Diejenigen freien Journalisten, die tatsächlich selbständig sind, sollten sich von der abzusehenden Hysterie der Wirtschaft wegen dieser Gesetzgebung daher nicht beeindrucken lassen. Natürlich ist Selbständigkeit weiterhin möglich. DJV-Mitglieder können sich bei Rückfragen zum Thema durch das DJV-Referat Freie Journalisten (hir@djv.de) beraten lassen.

Michael Hirschler, hir@djv.de













News für Freie

dpa

Warnung an Freie vor Knebelvertrag

31.03.21

Der Deutsche Journalisten-Verband warnt Bildjournalistinnen und -journalisten vor der Unterzeichnung eines neuen Vertrags bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Deutsche Welle

Freienvertretung wenig wirksam, dennoch wählen gehen!

26.03.21

Der DJV hält die Vertretung von Freien durch Personalräte für dringend notwendig und fordert aktuell von der Bundesregierung, das Personalvertretungsgesetz entsprechend zu ändern, so dass beispielsweise auch an der Deutschen...

Medien

Lauf für Pressefreiheit startet diesen Sonntag

19.03.21

Jetzt geht es los: Vom 21. März bis zum 1. Mai laufen DJV-Mitglieder in Fünferteams 1.715 Kilometer auf der virtuellen Strecke Berlin-Paris-Brüssel-Luxemburg, um auf aktuelle Probleme der Pressefreiheit aufmerksam zu machen. Die...

Coronakrise

Neues zur Neustarthilfe und Gutes für Bayern

19.03.21

Die Neustarthilfe für Freie, die als Solo-Selbstständige und/oder unständig Beschäftigte tätig sind, wird auch an Freie im Journalismus geleistet. Darauf hat der DJV in letzter Zeit bereits mehrfach hingewiesen. Grundsätzlich...

Thementag Freie

Lebhafte Diskussionen über Zukunft der Freien

18.03.21

Am 15. März 2021 diskutierten DJV-Mitglieder über die Zukunft der Freien. In drei Arbeitsgruppen und anschließend im Plenum diskutierten sie Aktionsvorschläge, die ursprünglich dem DJV-Verbandstag 2020 vorgelegen hatten, der...

Gemeinsame Vergütungsregeln

Volltreffer

16.03.21

Eine freie Journalistin wurde um 66.000 Euro reicher. Diese Summe sprach ihr das OLG Nürnberg als Honorarnachzahlung zu. Ihre Zeitung wollte sie mit 14 Cent pro Zeile abspeisen.

Freie

Aufbruch!

15.03.21

Keiner Gruppe im Journalismus hat die Corona-Pandemie so zugesetzt wie den Freien. Wie geht es jetzt weiter? Antworten werden heute beim DJV-Thementag Freie gesucht.

Kulturhilfen

Freie Journalisten nicht vergessen

05.03.21

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert Kulturstaatsministerin Monika Grütters auf, bei den geplanten Hilfen des Bundes für Kulturschaffende auch freie Journalistinnen und Journalisten zu berücksichtigen.

Funke-Mediengruppe

Lorbeeren verspielt

23.02.21

Nach dem Hackerangriff auf die Funke-Mediengruppe warten viele Freie immer noch auf ihre Honorare. Geld? Fehlanzeige. Interne Kommunikation? Totalausfall. Ein Trauerspiel.

Bildhonorare

Verlässliche Konstante in Krisenzeiten: mfm-BILDHONORARE 2021 erschienen!

22.02.21

Die jährlich von der mfm ermittelten marktüblichen Honorare für Fotonutzungen in Deutschland werden in der Publikation „mfm-BILDHONORARE“ veröffentlicht. Die Ausgabe 2021 ist ab sofort in der gedruckten Version und auch im...

Umfrage

Soziale Lage in der Film- und Fernsehbranche wird untersucht

19.02.21

Eine aktuelle Branchenumfrage soll die Arbeitsbedingungen und soziale Lage der Berufstätigen in der Film- und Fernsehbranche erforschen. Die Umfrage ist vom Senat von Berlin beauftragt worden. Die Ergebnisse sollen einem...

Corona-Krise

Neustarthilfe kann jetzt beantragt werden

16.02.21

Die Neustarthilfe des Bundes ist für Solo-Selbstständige jetzt abrufbar. Freie, die in Personengesellschaften (z.B. GbR, Partnerschaften) oder Kapitalgesellschaften (z.B. UG, GmbH) arbeiten, müssen sich dagegen noch...

News 73 bis 84 von 858

Schon gewusst?Der DJV bietet freien Journalisten auch online durchgeführte Seminare an. Bei diesen so gennanten "Webinaren" können Freie bei sich im Büro sitzen und Weiterbildung zu vielen Themen abholen - für Mitglieder oft sogar kostenlos oder zu stark vergünstigten Preisen.

Pop-Filter im DJV-Einsatz. Foto: Hirschler

Schon gewusst?Der DJV bietet freien Journalisten auch online durchgeführte Seminare an. Bei diesen so gennanten "Webinaren" können Freie bei sich im Büro sitzen und Weiterbildung zu vielen Themen abholen - für Mitglieder oft sogar kostenlos oder zu stark vergünstigten Preisen.

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen