Deutscher Journalisten-Verband Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten

News für Freie

Huffington Post

Autoren sitzen auf rechtlich heißem Stuhl

11.10.2013

Nicht nur kostenlos arbeiten, sondern (fast) komplette Rechte übertragen und auch noch die Haftung übernehmen, Autoren im Würgegriff


Die deutsche Huffington Post geht an den Start, und Autoren sind gefunden. Prominente, Minderprominente und gänzlich Unbekannte, die jetzt auf mehr Breitenwirksamkeit hoffen. Sie alle eint, dass es kein Geld gibt, und das ist in den Nutzungsbedingungen der "HuffPo" auch festgeschrieben:

"Sie bestätigen, dass Sie kein Recht auf Vergütung, Entlohnung oder andere Vorteile in Bezug auf die von Ihnen veröffentlichten Inhalte haben und dies auch nicht erwarten. Die Gegenleistung, die Sie für das Einsenden von Inhalten an unsere Webseite erhalten, ist die Werbung, die Ihre Inhalte dabei und durch unsere weitere, gemäß Klausel 3 dieser Bedingungen lizenzierte Nutzung erhalten."

Auch deutlich wird, dass die HuffPo die Nichtbezahlung nicht daran hindert, ihre Autoren genau wie zahlende Medienauftraggeber mit Knebelverträgen weitgehend rechtlos zu stellen. Die Beiträge, die eingestellt werden, gehören fortan der HuffPo, soweit nicht bereits vorher andere Rechte eingeräumt waren. Auch wenn - vermutlich absichtlich - das Wort "Exklusivität" fehlt, laufen die Regelungen auf ein exklusives Nutzungsrecht der HuffPo an den Beiträgen hinaus, denn wer Beiträge der HuffPo - und das sind, solange die Bedingungen nicht geändert bzw. präzisiert werden, auch die eigenen - nutzen will, kann das nicht ohne das Einverständnis der HuffPo:

"Soweit nicht ausdrücklich genehmigt dürfen Sie keinen Teil unserer Webseite und keinen ihrer Inhalte kopieren, reproduzieren, verbreiten, veröffentlichen, in eine Datenbank eingeben, anzeigen, ausführen, ändern, Derivate davon erstellen, übermitteln oder in irgendeiner Art und Weise nutzen (...)"

Autoren stellen also Beiträge kostenlos ein, und dürfen anschließend bei Tomorrow Focus darum betteln, sie auch an anderen Orten, etwa im eigenen Blog oder einem eBook-Sammelband veröffentlichen zu dürfen?

Die Rechte der HuffPo bleiben eben nicht auf die Website beschränkt, sondern sind praktisch unbegrenzt und gelten sogar bis 70 Jahre nach dem Tod (Dauer der gesetzlichen Schutzfrist), damit ja kein Angehöriger im Todesfall auf die Idee kommt, Geld einzufordern:

"Wenn Sie Inhalte auf unsere Website übertragen bzw. auf dieser veröffentlichen (ungeachtet der Form oder des Trägermediums der Inhalte wie Texte, Videos, Fotos, Audiomaterial oder Sonstiges), gewähren Sie uns und der AOL EUROPE HOLDINGS (2) MEDIA & CIE S.E.N.C (Luxemburg) das übertragbare und (mit Ausnahme der Rechte gemäß § 42 des deutschen Urheberrechtsgesetzes (UrhG)) unwiderrufliche Recht, weltweit und für die gesetzliche Dauer des Rechtsschutzes von geistigem Eigentum, mit dem Recht zur Unterlizenzvergabe für die erwähnten Rechte:

• Inhalte zu kopieren, mit allen bekannten und künftig entwickelten Mitteln und in allen Formen, wie beispielsweise Papier, elektronisch, magnetisch, optisch oder digital, auf Servern, Audio-/visuelle Aufnahmen, TV-Übertragungen, Disketten, R.A.M., R.O.M., CD, DVD, Festplatten, Magnetbändern usw. und

• Inhalte im Einklang mit Ihrem Urheberpersönlichkeitsrecht zu verändern oder adaptieren (z. B. zusammenzufassen, zu kürzen, zu übersetzen etc.) sowie davon abgeleitete Werke zu erstellen, und

• Inhalte auf unserer Website und in anderen Publikationen unter der Marke „Huffington Post" sowie auf Websites von Drittparteien zu zeigen und zu veröffentlichen, mit denen wir gemeinsam Inhalte unterstützen, verteilen, ausschöpfen oder syndizieren (entweder in der veröffentlichten Form oder abgeleitet oder verändert, unabhängig davon, ob der Beitrag mit anderen Arbeiten ähnlicher Art verknüpft ist oder nicht, vollständig oder in Auszügen), und zwar mit allen bekannten oder unbekannten Verbreitungs- oder Übertragungsmedien, unabhängig ob per Satellit oder Kabel oder per elektronischer Kommunikation, insbesondere Internet, und die Inhalte auf Servern, elektronischen und digitalen Medien, Audio-/visuellen Aufzeichnungen zu speichern, sowie für Live-Streaming und TV-Übertragungen zu nutzen, und

• die Inhalte zur Förderung unserer Publikationen bzw. Ihrer Inhalte in unseren Publikationen zu nutzen, so dass die Inhalte oder die Förderung der Inhalte von Kunden gesehen werden können." Nun mag es so sein, dass den illustren Bundesministerinnen, Ex-Chefs von Telekommunkationsriesen und Modeschöpfern egal ist, was mit den Beiträgen, die von (mitunter amtlich bezahlten) Ghostwritern erstellt wurden, so alles passieren kann. Für Autoren, die vielleicht doch noch einmal als Weiterverwertung von Beiträgen gedacht haben mögen, wird das vielleicht dann doch eine negative Überraschung sein.

Richtig gefährlich wird es dann allerdings, wenn es um Haftung geht. Wer sich Inhalte kostenlos von Autoren besorgt, sollte ja eigentlich die (recht kleine) Größe haben, mögliche Risiken von Publikationen selbst zu tragen. Zu diesem Zweck gibt es selbstverständlich Versicherungen, gegen die sich Tomorrow Focus sehr einfach versichern kann.

Stattdessen wird in den Nutzungsbedingungen die volle Haftung für Probleme geregelt, einschließlich Rechtsverteidigungskosten und mehr:

"Sie tragen die alleinige Verantwortung für jeglichen Schaden, der uns entsteht, falls Sie schuldhaft gegen unsere allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen oder Ihre Zusicherungen und Garantien schuldhaft nicht einhalten: Sie erklären Sich damit einverstanden, uns und unsere verbundenen Unternehmen sowie deren Mitarbeiter, Direktoren, Führungskräfte, Geschäftsführer, Angestellte, Aktionäre, Vertreter und Lizenzgeber von allen Verlusten, Auslagen, Schadenersatzansprüchen und Kosten einschließlich angemessener Anwaltskosten freizustellen und schadlos zu halten, die sich aufgrund Ihres schuldhaften Verstoßes gegen unsere allgemeinen Geschäftsbedingungen oder gegen Ihre Zusicherungen und Garantien ergeben. "

Was bei der HuffPo in den offiziellen Lobgesängen so gemütlich herüberkommt mit Bürgerjournalismus und "Jeder kann mitmachen", bekommt im Kleingedruckten geradezu shakespearianische Züge, hier sind Autoren plötzlich mittelalterlichen Begriffen wie "Garantien" und "Schuld" ausgesetzt. Eigentlich fehlt nur noch, dass, wer diesen Ansprüchen trotzen sollte, jederzeit in den Schuldturm der Feste München verbracht oder gleich ins Stammland bzw. nach Guantanamo ausgeflogen werden kann.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum die unbezahlten Autoren der HuffPo die Kosten der Top-Anwälte des reichen Tomorrow-Focus-Verlags bezahlen sollten und für den Verdruss, den ihre prominent platzierten Beiträge das eine oder andere Mal auslösen werden, auch noch Schadensersatz leisten müssen. Jedes Medienunternehmen kann Versicherungen abschließen und im Übrigen einen Topf für Haftungsfälle anlegen, ohne die Autoren mit solchen Würgeklauseln zu belästigen.

In sozialen Netzwerken war übrigens bereits der beruhigend gemeinte Hinweis zu finden, auch bei anderen Medien würden entsprechende Knebelverträge herausgegeben werden. Das zwar mag so sein - aber auch dort gibt es Kritik und Proteste, die oft genug zu einer Verhinderung bzw. Abschaffung solcher Regelungen geführt haben. Kein Grund also, bei der Onlinepostille aus München in irgendeiner Weise mit Kritik hinter dem Berg zu halten.


Autor: Michael Hirschler, hir@djv.de


News für Freie

Medienunternehmen

Corona-Bonus für Journalisten

21.12.20

Der Deutsche Journalisten-Verband ruft die Medienunternehmen dazu auf, ihren Beschäftigten zum Jahresende einen Bonus auszuzahlen – als Anerkennung für die geleistete journalistische Arbeit in Zeiten der Corona-Pandemie.

Corona-Krise

Bayern zahlt jetzt für Oktober bis Dezember bis zu 1.180 Euro "Unternehmerlohn"

18.12.20

Die Bayerische Staatsregierung hat jetzt ein Soloselbstständigenprogramm aufgesetzt, von dem freie Journalistinnen und Journalisten in der Corona-Krise profitieren können. Sie können bis zu 1.180 Euro für die Monate Oktober bis...

Kreative

Eine Regierung, zwei Meinungen

18.12.20

Wie hält es die Bundesregierung mit den Kreativen? Staatsministerin Monika Grütters ruft zur Solidarität auf, Staatsministerin Dorothee Bär sieht urheberfreundliche Regelungen kritisch. Wie wäre es mit einer einheitlichen Linie?

Cornona-Krise

Neue DJV-Tipps für Freie zu Finanzhilfen

26.11.20

Corona: ,,Novemberhilfen" helfen den meisten Freien nicht, Anträge für ,,Neustarthilfe" erst im Januar 2021 möglich. Über Details der aktuellen Hilfsmaßnahmen informieren neue "DJV-Tipps für Freie", die hier als PDF abrufbar...

Corona-Krise

Weiterhin kaum Hilfen für einen Teil der Freien

16.11.20

Nachdem die meisten frei journalistisch tätigen Personen bereits bei der aktuellen "Novemberhilfe" der Bundesregierung leer ausgegangen sind, bleibt auch die angekündigte "5.000-Euro-Hilfe" für viele enttäuschend. Grund: es wird...

Personalräte

Freie sollen ausgeschlossen werden

10.11.20

Der Deutsche Journalisten-Verband wendet sich gegen das Vorhaben der Bundesregierung, die arbeitnehmerähnlichen freien Journalistinnen und Journalisten aus den Personalräten vieler öffentlich- rechtlicher Sender herauszuhalten.

Corona-Krise

Keine Hilfen für Freie

06.11.20

Die als "Novemberhilfen" bezeichneten Unterstützungsmaßnahmen des Bundes werden nur an Unternehmen und Selbständige gezahlt, die direkt von den Schließungsanordnungen der Bundesländer betroffenen sind, also beispielsweise...

Freie

Irreparabler Schaden befürchtet

06.11.20

Der Deutsche Journalisten-Verband wirft der Bundesregierung vor, dass sie mit ihren sogenannten November-Hilfen die freien Journalistinnen und Journalisten im Stich lässt.

Corona

Privatsphäre wichtiger als Aufklärung?

02.11.20

Die Zahl der Corona-Infizierten in kleinen Ortsgemeinden in der Pfalz wird vom Landkreis als Geheimsache eingestuft - mit Rückendeckung der Justiz.

Corona-Krise

Hilfe für Freie in der November-Quarantäne

29.10.20

Solo-Selbständige sollen nach Aussagen der Bundesregierung Hilfen wegen der Quarantäne-Maßnahmen im November 2020 erhalten. Das haben Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Bundesfinanzminister Scholz auf einer Pressekonferenz am...

Lockdown

Freie Journalisten unter Druck

28.10.20

Der Deutsche Journalisten-Verband fordert angesichts des am heutigen Mittwoch beschlossenen Lockdowns wirksame Hilfen des Bundes für freie Journalistinnen und Journalisten.

Bildjournalismus

Aktuelle MFM-Honorar-Erhebung: Bitte mitmachen!

15.10.20

Die Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) sucht wieder aktuelle Honorarangaben für die Erstellung ihrer Honorarübersicht. Alle, die im Fotojournalismus tätig sind, sollten nach Auffassung der Vertreter des DJV in der MFM...

News 97 bis 108 von 858

Schon gewusst?Mitmach-Verband: Freie Journalisten engagieren sich im DJV auf allen Ebenen - vom Ortsverein über den Landesverband bis zum Bundesvorstand. Oft sind als Vorsitzende von Gremien gerade Freie aktiv.

Ehrenamtliche Aktion 2014: Roland Scheidemann vom Fachausschuss Bildjournalisten wertet aus, welche Zeitungen Namen von Fotografen nennen. Foto: Hirschler

Schon gewusst?Mitmach-Verband: Freie Journalisten engagieren sich im DJV auf allen Ebenen - vom Ortsverein über den Landesverband bis zum Bundesvorstand. Oft sind als Vorsitzende von Gremien gerade Freie aktiv.

Weitere interessante Themen

Newsletter

Cookie Einstellungen