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Burda will Bildjournalisten finanziell ausbluten

02.12.2016

Dem Burda-Verlag geht es blendend, das erzählt er auch stolz im Europa-Parlament. Gleichzeitig geht er den Fotojournalisten an die Substanz.

Die Bildeinkäufer der Verlagsgruppen BurdaLife und BurdaHome haben am 30.11.2016 angekündigt, keine Downloadgebühren mehr an Bildjournalisten und Bildagenturen zu zahlen. Downloadgebühren werden von diesen Fotolieferanten seit Jahrzehnten erhoben, um die Auslagen für die digitale Bereitstellung der Bilder in ihren Datenbanken zu refinanzieren. Der Auslagenersatz ist seit jeher im Pressegeschäft üblich. Schon vor dem digitalen Zeitalter war es üblich und anerkannt, dass die Verlage die Kosten übernahmen, die den Fotografen entstanden. Das waren Auslagen für Lieferungen per Auto und manchmal per Flug sowie kostenträchtige Funkdatenverbindungen.

Eine so genannte Downloadgebühr wird immer dann erhoben, wenn ein Verlag eine hochaufgelöste Fotodatei vom Server oder der Plattform des Fotografen herunterlädt. Sie wird unabhängig von der Frage berechnet, ob der Verlag das Bild anschließend auch im Druck nutzt. Für die Veröffentlichung in der Zeitschrift oder einem anderen Verlagsobjekt ist ein separates Nutzungshonorar zu zahlen. Mit der Downloadgebühr refinanzieren Bildjournalisten die „digitale Infrastruktur“ in ihrem Büro.

Für die Betroffenen wäre der Wegfall der Downloadgebühr eine Katastrophe. Deutsche Bildjournalisten verdienen monatlich durchschnittlich 1.573 Euro  bei fast 48 Wochenstunden Arbeit, wie eine Umfrage des DJV im Jahr 2014 gezeigt hat. Das geringe Einkommen beruht auch auf den hohen Betriebsausgaben der Fotografen. Kameras, Objektive, Computer und Server für die Fotodatenbank – alles kostet Geld. Rund 40 Prozent der Honorareinnahmen von Bildjournalisten werden durch solche Kosten gefressen, zeigte die DJV-Umfrage.

Für Bildjournalisten, die oft auch mit oder für Bildagenturen zusammenarbeiten, ist die Erstattung der Kosten entscheidend. Die fehlende Übernahme ihrer Auslagen durch Auftraggeber und Abnehmer vernichtet ihre Existenzgrundlage. Das ist schon deshalb unfair, weil die Bildjournalisten den Verlagen viele Kosten ersparen, indem sie nicht nur die Materialkosten übernehmen, sondern auch die Bilddatenbanken bereitstellen. Viele Verlage haben längst ihre Bildarchive eingespart und setzen darauf, dass die Archivierung von Fotos durch die Fotolieferanten übernommen wird. Nun will sich Burda nicht einmal mehr an den Kosten beteiligen.

Das Verhalten von Burda erscheint als besonders unfair, weil es dem Verlag wirtschaftlich außerordentlich gut geht. Das zeigte nicht zuletzt ein Auftritt eines hochrangigen Verlagsvertreters im Kulturausschuss des Europäischen Parlaments am 28.11.2016. Gerade mal zwei Tage, bevor die Bildeinkäufer der genannten Verlagsgruppen die Bildjournalisten zum Verzicht auf ihren Auslagenersatz aufforderten, prahlte der Burda-Vertreter vor dem europäischen Ausschuss, es gebe keine generelle Krise der Printmedien, seinem Verlag gehe es sehr ordentlich. Dabei hatte der Ausschuss die Anhörung sichtlich in der Absicht durchgeführt, den Verlegervertretern Gelegenheit zu geben, bei der Politik ihr Leid zu klagen, wie sie das üblicherweise in öffentlichen Erklärungen zu tun pflegen. Zur Überraschung vieler Beobachter erklärte Dr. Sebastian Doedens, „Head of Public Affairs“ von Burda (deutsch in etwa: Burda-Cheflobbyist) unter anderem:

„Krise der Printmedien" - ich kann Ihnen versichern, es gibt keine allgemeine Krise in den Printmedien!


Es gibt kein Kollektivschicksal, das jeder einzelnen Zeitschrift droht und jedem einzelnen Zeitschriftenverleger

Die deutsche Zeitschriftenindustrie ist immer noch bei recht guter Gesundheit...


...jedes Jahr kaufen die Deutschen 2,5 Milliarden Zeitschriftenexemplare und geben 250 Millionen Euro im Monat für Zeitschriften aus...

Allein bei Burda verkaufen wir 300 Millionen Zeitschriftenexemplare im Jahr...


Das ist Bezahltinhalt (paid content) im Bestzustand...

...also wenn das eine tote Industrie ist, dann ist das vermutlich der süßeste Tod, den Sie sich jemals vorstellen könnten...


Wenn es dem Burda-Verlag also unbestritten blendend geht, gibt es überhaupt keinen Anlass für die bereits am wirtschaftlichen Abgrund befindlichen Bildjournalisten, sag- und klaglos auf ihren Auslagenersatz zu verzichten. Daher haben bereits viele Betroffene dem DJV mitgeteilt, dass sie dem Verlag eine Abfuhr erteilen wollen. Der DJV ist der Überzeugung, dass hier klare Kante angesagt ist. Vor einigen Jahren gab es einen ähnlichen Versuch von den Bildeinkäufern von Axel Springer. Wer sich gegen die Abschaffung der Downloadgebühr wehrte, bekommt sie nach Aussagen von damals Betroffenen noch immer. Das zeigt: Gegenwehr lohnt sich, vor allem wenn es viele zusammen tun.

Es ist übrigens zu vermuten, dass unter den Verlagsjuristen von Burda geprüft wird, ob sie Kritik an der Abschaffung der Downloadgebühr gerichtlich untersagen lassen können, mit dem Vorwurf, dass der DJV hier ein „Kartell von Fotolieferanten“ gegenüber dem Verlag organisiere. Eine derartige Kritik würde der DJV aber weit von sich weisen. Zunächst einmal richtet sich der Appell des DJV logischerweise nur an seine Mitglieder, die nur einen Teil der Fotolieferanten ausmachen. Dann aber – und vor allem – ist der DJV eine Gewerkschaft und ein Berufsverband.

Der DJV darf als Gewerkschaft Personen vertreten, die in großer Abhängigkeit von Verlagen tätig sind; das erlaubt bereits der § 12a Tarifvertragsgesetz. Als Berufsverband darf er sich zudem nach seiner Satzung für die Interessen aller hauptberuflichen Journalisten einsetzen, wenn es um faire Vergütungsregeln für die Nutzung von Fotos geht. Zur fairen Vergütung gehört auch der Auslagenersatz. Der Ersatz von Auslagen ist übrigens in den Vergütungsregeln an Tageszeitungen geregelt. Sie gelten zwar nicht für Zeitschriften, zeigen aber, dass der Auslagenersatz ein Thema ist, das in den Bereich von Vergütungsregeln fallen kann. Damit ist klar, dass der DJV die rechtliche Legitimation hat, die Streichung von Downloadgebühren zu kritisieren. Außerdem gibt es sogar noch weitergehende Aussagen im europäischen Recht, die ein Tätigwerden für Freie vom Kartellrecht freistellt; darauf hatte übrigens auch der deutsche Bundesgerichtshof in einem kürzlich ergangenen Urteil hingewiesen. Der DJV bleibt also am Thema dran und wird eventuellen Einschüchterungsversuchen gelassen gegenüberstehen.

Der Protest der Betroffenen ist in einem kurzen Video, das jetzt auf YouTube abrufbar ist, zusammengefasst: https://youtu.be/83tEFHqCcVg

Inzwischen gibt es auch eine erste Reaktion von Burda auf die Kritik. Auf Nachfrage des Medienbranchendienstes Meedia bekräftigte der Verlag sein Vorgehen. Michael Hirschler, hir@djv.de

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Und wer richtig viel Fehler macht, macht Journalismus. Foto: Hirschler

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