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Huffington und wir

14.07.2012

Die Huffington Post kommt nach Deutschland. Das steht fest, die Frage ist nur noch, wann der "große Deal" verkündet wird, der dann vermutlich mit einer deutschen Verlegerin oder vermögenden Publizistin gemacht wird.


Eine Abbildung der Überschrift auf der Startseite der US-Aktion Pay the Writer, Bezahle den Autoren

Ein Online-Magazin, das keine Honorare an seine Blogger zahlt, selbst dann nicht, wenn es für 300 Millionen Dollar verkauft wird. Kostenlos-Journalismus, Crowdsourcing, wie es im Lehrbuch steht. Warum zahlen, wenn die Schwarmintelligenz kostenlose Nachrichten und Informationen liefert? Warum Honorare zahlen, wenn durch Anzeigenerlöse Gewinne in Millionenhöhe möglich sind?
Was kann die Antwort der deutschen Autoren und freien Journalisten sein? Hilft der Blick über den großen Teich in das Land, in dem Arianna Huffington, die Gründerin der Online-Postille, ihr Unternehmen aufbaute?

Wir fragten Larry Goldbetter, den Präsidenten der Autorenvereinigung "NWU/UAW Local 1981" in New York. Er berichtet hier über die Auseinandersetzung seiner Autoren mit dem Onlineblatt, das mittlerweile zum US-Mediengiganten AOL gehört.


Huffington und wir - Larry Goldbetter

Der Hauptaspekt unserer Kampagne ist zur Zeit, Tausende von Journalisten zu mobilisieren und ihre Erfahrungen und Einsichten zusammen zu bringen, um daraus die Zukunft des digitalen Journalismus zu erschließen.

Wir glauben, dass dieser Kampf um die Zukunft des digitalen Onlinejournalismus in vielem ein internationaler Kampf ist.

Mit der Kampagne „Bezahl den Autoren“ (PayTheWriter) sind wir in den Frühformen eines langfristigen Kampfes. Wir haben ein Organisationskomitee. Wir telefonieren unsere Mitglieder systematisch ab. Wir sind auf den Straßen. Wir treffen uns mit neuen interessierten Autoren. Unsere Mitglieder haben gerade ein erfolgreiches Wochenende durchgeführt auf der Netroots Nation, einer jährlichen Konferenz von über 2.000 Social Media Aktivisten, viele von ihnen freie Autoren. Es gab eine Menge Interesse an unserer Kampagne, Hunderte von Gesprächen, Dutzende von Kontakten, und ich denke fünfzehn neue Mitglieder.

Der siebenmonatige Boykott der HuffPost begann im März 2011, nachdem der Verkauf der Huffington Post an AOL dabei half, das Thema aufs Tableau zu setzen. Zusammen mit The Newspaper Guild (TNG) erhielten wir Unterstützung von den Gewerkschaften, einige Unterstützung von Journalisten,  viel Interesse und hatten zahlreiche Diskussionen. Wir starteten die Kampagne gemeinsam, indem die NWU die Newspaper Guild dabei unterstützte, die Angestellten der Huffington Post zu organisieren, und umgekehrt die Newspaper Guild die NWU dabei unterstützte, die Freien zu organisieren.

Während des Boykotts trat die Gewerkschaft der Kommunikationsarbeiter (Communications Workers of America, CWA) in Streik. Die Newspaper Guild ist ein Teil der CWA. Auch die Gewerkschaft der Beschäftigten der Auto-Industrie (UAW) verhandelte eine Reihe von neuen Verträgen in ihren Bereichen, und die NWU ist mit der UAW verbunden. Die Huffington Post versuchte Berichte von beiden Ereignissen von den zwei Gewerkschaften zu bekommen, aber bekam keine, weil die Bundesvorstände der beiden großen Gewerkschaften den Boykott unterstützten. Mit der Beendigung des Boykotts kam die Geburt der PaytheWriter! Kampagne.

Wir konzentrieren uns auf Journalisten, die Nachrichtenberichterstattung machen. Wir machen langsame Fortschritte, und indem wir uns auf Journalisten konzentrieren, werden wir allmählich einen Durchbruch erreichen. Aber zur Zeit ist es ein quantitativer Prozess. Wie viele Leute erreichen wir, mit wie vielen sprechen wir, sind wir mit engagiert? Wie viel Zeit verbringen wir in Gesprächen mit Journalisten?

Zur gleichen Zeit ist Huffington ein sehr großes, internationales Ziel. Obama erwähnte ihre Praxis, Autoren nicht zu bezahlen, während des traditionellen Dinners der Korrespondenten im Weißen Haus. Der in den USA bekannte Comic-Strip Doonesbury (http://doonesbury.slate.com/ ) brachte ein Stück über sie. Die Huffington Post ist ein klares Beispiel, wie Journalisten mehr als Inhalt produzieren, wir produzieren Wohlstand.

Unser Plan besteht mit einem Wort darin, sich zu organisieren. Die einzige Methode wie Journalisten und freie Autoren eine Stimme erhalten können, ist durch eine starke internationale Bewegung, viel größer als diejenige die wir heute haben. Und der einzige Weg, wie wir einen genaueren Plan entwickeln können ist es, wenn wir die Erfahrungen, Einsichten und die Weisheit tausender von Autoren untereinander teilen. Heute hat das Online-Publizieren es viel einfacher für viele Menschen gemacht, zu schreiben und veröffentlicht zu werden, aber viel schwerer, davon zu leben. Aber das heißt nicht, dass es dort kein Geld gebe. Noch einmal, Arianna Huffington verdient 4 Millionen Dollar im Jahr bei AOL. AOL hatte gerade eine große Steigerung der Werbeerlöse im ersten Quartal. Und die Menge, die AOL den Autoren zahlt, sinkt weiterhin.

Runter vom Bus - off the Bus (OTB)

Die Bürgerreporter-Aktion „OfftheBus“ (OTB) während der Präsidentschaftswahlen im Jahr 2008 half Huffington Post zu dem zu machen, was es heute ist. Sie hatten eine Reihe von professionellen Journalisten, die mit ihrer Arbeit dazu beitrugen, einen progressiven Blog aufzubauen. In diesem Prozess kamen sie mit großen Stories:

- Obama, der auf einem Fundraiser in San Francisco dabei gehört wurde, wie er sagte, dass die Wähler im ländlichen Pennsylvania in wirtschaftlich harten Zeiten sich „an Waffen und Religionen klammern würden“

- Wie die republikanische Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten Sarah Palin sich Antworten auf die Hand schrieb

- Dass der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain ein geheimes Treffen mit dem chilenischen Schlächter Pinochet hatte, dann aber Obama  angriff, er würde sich mit jedem inklusive Terroristen treffen. Diese letzte Geschichte wurde vom Gründervater der NWU, John Dinges, geschrieben, der auch einer der führenden Kräfte der Pay the Writer-Kampagne ist. Seine Geschichte bekam über 300.000 Klicks und wurde weltweit übernommen. Die anderen waren noch höher.

Diese Geschichten und der Rest der Berichterstattung brachte Huffington Millionen Leser und Millionen an Werbegeldern.

Die neue Aktion zu den diesjährigen Präsidentschaftswahlen OTB 2012 ist eine andere Geschichte. Seit dem Verkauf im März 2011 neigen Journalisten weniger dazu ihre Arbeit an Huffington zu gebe, und die OTB Autoren sind anscheinend zu großen Teilen Studenten. Sie bekommen Aufträge und arbeiten für einen Redakteur auf eigene Kosten. Tatsächlich ist es so, dass, wer sich für OTB bewirbt, verwendet eine Bewerbung die besagt, dass man Berichterstattung machen wird. Sie wurden zum Beispiel aufgefordert, eine Serie über potentielle Vizepräsidentschaftkandidaten für Mitt Romney zu verfassen.

Was haben wir getan?

Im letzten Oktober haben wir ein online gestreamtes Panel über die Zukunft des Onlinejournalismus durchgeführt, bei dem wir Fragen und Kommentare sowohl in Person als auch online entgegengenommen haben. Einer der Teilnehmer des Panels trat später der NWU bei und hat uns in eine andere Auseinandersetzung geführt um über 150.000 Dollar zu erhalten, die ein national erscheinendes Magazin mehr als einem Dutzend schwarzer weiblicher Autoren und Redakteure schuldete. Seit diesem Panel haben wir über 400 Namen von Journalisten gesammelt, die an der Kampagne interessiert sind.

Wir haben auch Zusammenkünfte organisiert, dort wo Huffington spricht, erst kürzlich auf einem Fundraiser, wo sie eine Auszeichnung für „Frauen in den Medien“ erhielt, beides in New York City.

Wie ich bereits erwähnte, sind wir gerade von der Veranstaltung NetrootsNation 2012 zurückgekehrt und besuchen andere Konferenzen und Panels, um die Kampagne zu verbreitern. Im nächsten Monat werde ich Teil eines Panels sein, das sich Journalisten, dem Journalismus, den Gewerkschaften und den Neuen Medien in San Francisco widmet, und die Gewerkschaft wird einen Workshop auf der LaborTechKonferenz im November präsentieren, ebenfalls in San Francisco, www.labortech.net.

Unser Plan besteht darin, so viele Autoren wie möglich für den Prozess zu gewinnen, um Antworten zu finden. Wir diskutieren mit einigen Partnern die Möglichkeit eines Autorenkongresses im nächsten Frühling, und ganz bestimmt begrüßen und ermutigen wir die Teilnahme aller unserer internationalen Kollegen. Und wir versuchen uns zusammenzuschließen mit allen Publikationen, die sich für einen fairen Standard in der Medienwirtschaft einsetzen.

Die Wahrheit ist, dass die Dinge schlimmer werden, bevor sie besser werden. Und es gibt scharfe Grenzen dafür, wie ein einzelner Freelancer in dieser Atmosphäre zurechtkommen kann. Es gibt wenige, wenn überhaupt, individuelle Lösungen. Aber wenn die Gewerkschaft (bzw. die Einheit) stärker wird, werden wir ein besseres Klima schaffen.

Wir konzentrieren uns auf professionelle Journalisten und diejenigen, die es sein wollen. Digitaler Journalismus ist der Fokus unserer Kampagne. Wir können niemanden davon abhalten, kostenlos zu arbeiten, wir sollten es auch gar nicht. Allerdings können wir einen Standard für professionellen Journalismus schaffen, für diejenigen, die Berichterstattung für gewinnorientierte Unternehmen wie die Huffington Post machen.

Unser Ziel bleibt die Gewinnung von Hunderten von Freien für die NWU und die Schaffung eines Industriestandards für faire Bezahlung von Qualitätsjournalismus in Onlinepublikationen. Wenn wir nur wenige Autoren repräsentieren, bleiben unsere Chancen gering. Wenn wir viele vertreten, haben wir viel mehr Möglichkeiten.

Dieses ist ein komplizierter Kampf. Die große Mehrheit der HP-Blogger sind bereit kostenlos zu arbeiten, aber sie bringen wenig, wenn überhaupt, Traffic für HP. Unsere Herausforderung besteht darin, freie Onlinejournalisten zu organisieren und sie dazu zu bringen, diese Problematik durchzudenken.

Larry Goldbetter, President
NWU/UAW Local 1981
256 W. 38th St. Suite 703
New York, NY 10018
Telefon: 001 - 212-254-0279
Fax: 001 - 212-254-0673

Den Kontakt zu Larry Goldbetter können Sie auch über das DJV-Referat Freie Journalisten herstellen.

(Übersetzung: Michael Hirschler; die Originalfassung finden Sie hier)

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